Alpencross 2012 - Tag 8
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Riva del Garda - Ledro - Lenzumo - Bocca di Trat - Riva del Garda
Länge: 42 km
Steigung: 1970 Hm
Am nächsten Morgen fühlte ich mich wie verwandelt. Der Kopf war frei, die Beine wieder da. Und so beschloss ich, der Tour doch noch ihren verdienten Abschluss zu gönnen. Ich sattelte das Bike, rollte zurück auf die Via Ponale und begann erneut den Anstieg zum Ledrosee – diesmal mit Ziel Bocca di Trat.

Es war das erste Mal, dass ich die Ponale bergauf fuhr – eine ungewohnte Perspektive, aber faszinierend. Ohne Pause radelte ich bis zum See, füllte bei Bezzecca meine Trinkblase und bog dann ins Valle dei Concei ab. Ab Lenzumo schlängelte sich eine schmale Straße in vielen Serpentinen bergan. Der Verkehr war quasi nicht vorhanden – dafür Ruhe, Wälder, Höhenmeter.

Die Auffahrt bis zur Malga Trat war gut zu fahren. Mein Körper lief rund, der Kopf war klar. Ich war angekommen in meinem Rhythmus. Ab der Malga ging’s zu Fuß weiter – ein kurzer, steiler Pfad hinauf zur Bocca di Trat auf fast 1600 Meter. Dort traf ich eine Gruppe holländischer Wanderer, die mir ein Gipfelfoto schossen – im Gegenzug filmte ich sie in Siegerpose. Win-win. Dann ging es los: der Sentiero della Pinza wartete.

Der Trail war ruppig – grober Schotter, steile Passagen, dichtes Grün. Genau mein Ding. Ich surfte durch den Wald, genoss jede Kurve. Bis zur Malga Grassi blieb die Strecke technisch fordernd, aber machbar. Kurz darauf der entscheidende Abzweig: ein schmaler Singletrail, S1 bis S2, direkt durch den Wald bis nach Campi. Purer Fahrspaß.

In Campi wurde der Trail breiter, ein kurzes Stück Asphalt, dann wieder Schotter. Immer wieder öffneten sich Blicke auf Riva – diesmal von oben, aus der Gegenrichtung. Schließlich kam ich am Torre della Pinza vorbei, dann wurde der Weg betoniert und führte direkt ins Herz der Altstadt von Riva.

Ein würdiger Abschluss! Ich rollte durch die verwinkelten Gassen, vorbei an Touristen und Cafés, und weiter bis zur Uferpromenade. Hier sprudelte das typische Leben der nördlichen Gardasee-Region. Touristen und Sportler bunt gemischt. Und hin und wieder sieht man eine Gruppe von Mountainbikern, die gerade einen Alpencross hinter sich gebracht haben.

Dann zurück nach Torbole. Dort wartete meine Belohnung: Pizza Fuego, ein großes Radler, Meersalz auf der Haut, Glück im Kopf.

Beim Rückblick fühlte ich mich besonders mit den ersten drei Tagen der Tour verbunden – hart, aber echt. Ich hatte mich durchgebissen, gegen das Wetter, gegen die Zweifel. Danach wurde ich mit Sonne belohnt. Nur der Regentag zwischen Pieve di Bono und Riva war bitter – körperlich und mental. So erschlagen hatte ich mich auf keiner bisherigen Transalp gefühlt. Und doch: Jetzt, da alles hinter mir lag, war der Kopf randvoll mit Eindrücken. Es fühlte sich an, als wäre ich Wochen unterwegs gewesen.
Wie immer hatte ich viel geplant, und doch kam vieles anders. Genau das macht den Reiz aus. Spontanität, Flexibilität – ohne sie bleibt eine Transalp nur eine Strecke auf der Karte. So aber wird sie zum Abenteuer. Und obwohl ich die Einsamkeit der Berge liebe, genieße ich auch den Kontrast. Hier am Gardasee lasse ich mich treiben, beobachte das Treiben, tauche ab in die Altstadtgassen, fernab der Promenade. Dort liegt das echte Leben: verwinkelte Gässchen, Espresso mit Blick auf den Monte Brione, das Bastione, der türkisfarbene Lago di Tenno – all das ist für mich der stille Epilog einer lauten Reise.

Ein paar Tage später war es Zeit für den Abschied. Frühmorgens schob ich mein Bike die Via Pontalti hinauf nach Nago, dann rollte ich über den Radweg hinab nach Mori und weiter entlang der Sarca bis Rovereto. Dort wartete der EC nach München – diesmal mit reserviertem Stellplatz für mein Bike. 40 Euro, ein ganzer Gepäckwaggon nur für Fahrräder. 15 Räder zählte ich. Zeiten ändern sich. Nach viereinhalb Stunden war ich zurück – im strömenden Regen. Ich radelte klatschnass durch die Münchner Straßen, bis ich endlich zuhause ankam.
Und während ich mich abtrocknete, war da schon dieser Gedanke: Welche Route nehme ich eigentlich 2013?
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