Technische Informationen zum Stahlfederdämpfer

Wer sich ein vollgefedertes Bike selbst zusammenbaut oder einen Umbau plant, muss sich einige Gedanken zum Dämpfer machen. Luftdämpfer haben den Vorteil des geringeren Gewichts, während Stahlfederdämpfer robuster und einfacher zu warten sind und von Natur aus über ein progressives Federverhalten verfügen, ohne dass mit Lufdruck und Ventilen herumexperimentiert werden muss. Deshalb werden Stahlfederdämpfer häufig im Downhill- oder Endurobereich eingesetzt.

Entscheidet man sich für einen Dämpfer mit Stahlfeder, wird man mit einigen Fragen konfrontiert: Welcher Dämpfer passt zum Rahmen? Welche Feder passt zum Dämpfer? Welche Feder passt zum Gewicht? Die Zusammenhänge sind nicht ganz einfach zu verstehen. Da ich mich mit dem Thema schon bei der Umrüstung meines Enduro-Bikes auf Stahlfederdämpfer beschäftigt hatte, möchte ich meine Erkenntnisse in diesem Artikel teilen.

Dämpfer: Einbaulänge und Hub

Zunächst muss man den richtigen Dämpfer für den Rahmen wählen. Grundvoraussetzung ist natürlich, dass der Dämpfer die richtige Einbaulänge hat, die durch den Rahmen vorgegeben ist.

Das zweite Kriterium ist der Hub. Der Hub ist die Länge, um die sich der Dämpfer maximal komprimieren lässt. Der Hub hat nur indirekt mit dem Federweg des Bikes zu tun. Es ist wichtig, dass man sich hier an die Empfehlung des Rahmenherstellers hält. Durch die unterschiedlichen Hinterbaukonstruktionen und Dämpferpositionen, wirken bei jedem Rahmen andere Hebelkräfte auf den Dämpfer. Damit der Dämpfer nicht falsch belastet wird, muss der Hub also zur Hinterbaugeometrie passen. Man kann sich z.B. daran orientieren, welcher Dämpfer bei dem entsprechenden Rahmen werksseitig typischerweise montiert wird. Aus dem Hub in Kombination mit der Rahmengeometrie ergibt sich dann der hintere Federweg, der aussagt, wie weit das Hinterrad einfedern kann (nicht wie weit der Dämpfer komprimiert werden kann).

Typische Kombinationen aus Einbaulänge und Hub sind:

  • Einbaulänge: 190 mm, Hub: 51 mm/2,0″
  • Einbaulänge: 200 mm, Hub: 57 mm/2,25″
  • Einbaulänge: 215 mm, Hub: 63 mm/2,5″
  • Einbaulänge: 222 mm, Hub: 70 mm/2,75″
  • Einbaulänge: 240 mm, Hub: 76 mm/3,0″
  • Einbaulänge: 267 mm, Hub: 89 mm/3,5″

Den Hub habe ich hier sowohl in Millimeter, als auch in Zoll angegeben, da oft beide Werte verwendet werden. Auf einer Stahlfeder steht z.B. 300×2.5, der erste Wert ist die Federhärte, der zweite Wert der Hub in Zoll.

Stahlfeder: Hub und Federhärte

Als nächstes gilt es, die passende Feder zu finden. Die Auswahlkriterien für die Feder sind Hub und Federhärte. Wenn auf der Feder z.B. die Angabe 300×2.5 steht, hat sie eine Federhärte von 300 lbs und einen Hub von 2.5″. Die Feder würde also entsprechend der obigen Tabelle in einen Dämpfer der Einbaulänge 215 mm passen.

Der Hub der Feder sollte immer zum Hub des Dämpfers passen! Auf keinen Fall darf der Hub der Feder kleiner als der des Dämpfers sein. Denn dann können der Dämpfer durchschlagen, die Feder brechen oder gar die Kolbenstange brechen. Eine Feder mit größerem Hub als der des Dämpfers kann durchaus eingebaut werden. Man muss dabei nur beachten, dass die Federlänge nicht zu groß ist, d.h. die Feder in den Dämpfer eingebaut werden kann.

Die Federlänge ist übrigens nicht direkt proportional zum Hub bzw. der Federhärte. Eine Feder mit größerem Hub ist zwar meistens länger als eine mit kleinerem Hub, doch es gibt keinen eindeutigen Zusammenhang. Die Federlänge hängt z.B. auch vom Material und Beschaffenheit der Stahlfeder ab. Wenn man sich bei der Feder an den zum Dämpfer passenden Hub hält, muss man die Federlänge nicht weiter beachten.

Zur Federhärte: Je härter die Feder ist, desto schwerer federt sie ein und desto weniger schnell schlägt sie durch. Die Federhärte muss also in erster Linie zum Gewicht des Fahrers passen. Je schwerer der Fahrer, desto härter muss die Feder sein. Aber auch der Einsatzzweck spielt eine Rolle. Wenn man gerne Cross-Country-Trails fährt und gerne sanft über kleine Bodenunebenheiten und Wurzeln hinwegrollen möchte, sollte man eine etwas weichere Feder wählen. Wer im Bikepark Drops und Sprünge macht, für den ist eine etwas härtere Feder passend, damit sie nicht zu schnell durchschlägt. Die Federhärte für den Durchschnittsfahrer berechnet sich wie folgt:

Federhärte (lbs) = Fahrergewicht (kg) x 115 x Federweg (mm): Dämpferhub (mm) : Dämpferhub (mm)

Beispiel:
Fahrergewicht = 80 kg; Federweg = 200 mm; Dämpferhub = 76 mm
Federhärte = 80 x 115 x 200 : 76 : 76 lbs = 319 lbs
Bei einem Federweg von 200 mm handelt es sich eher um ein Downhill-Bike. Man sollte also einen etwas höheren Wert ansetzen und eine Feder mit 350 oder 400 lbs verwenden. Die gewünschte Feder hätte also die Typbezeichnung 350×3,0.

Die Berechnung dient als grobe Orientierung. Ausschlaggebend ist letztendlich der Test in der Praxis.

Negativfederweg und Federvorspannung

Wie gesagt, die Stahlfeder muss zum Gewicht des Fahrers passen. Man kann dies wie oben beschrieben berechnen, oder auch einfach ausprobieren (Ausprobieren ist die zuverlässigere Methode). Dazu stellt man sich einfach auf das Bike, und überprüft währenddessen den so genannten Sag.

Der Negativfederweg, („sag“; Englisch: einsinken) genannt, ist der Wert, um den der Dämpfer im Ruhezustand komprimiert wird, wenn der Fahrer in der Grundposition (auf den Pedalen stehend) auf dem Bike steht. Dieser sollte je nach Einsatzzweck nicht mehr als 20-30% des Dämpferhubs betragen. (20% im Cross-Country-Bereich, 30% im Enduro/Downhill-Bereich.) Über die Federvorspannung kann der Sag noch geringfügig angepasst werden. Bei einem Dämpfer mit 76 mm Hub sollte der Sag also je nach Einsatzzweck grob zwischen 15 und 30 mm liegen.

Durch Einstellen der Federvorspannung mit der Rändelschraube kann man dafür sorgen, dass die Feder im Ruhezustand schon um ein gewisses Maß komprimiert ist. Das hat keinen Einfluss auf die Federhärte, sondern es verändert sich der Sag und damit die Kraft, die aufgebracht werden muss, um die Federung auszulösen. Einfach ausgedrückt heißt das: je höher die Federvorspannung ist, desto weniger sensibel reagiert die Feder auf kleine Stöße und desto mehr Kraft muss aufgebracht werden, um die Feder erstmal zum Einfedern zu bringen. Wenn zu viele Umdrehungen der Rändelschraube nötig sind um den gewünschten Sag zu erreichen, ist die Feder für das Fahrergewicht zu weich.

Material und Konstruktion der Stahlfeder

Die klassische Stahlfeder hat ein Gewicht von etwa 500 g. Der Preis liegt je nach Feder zwischen 25 und 50 Euro. Um Gewicht zu sparen, hat man sich jedoch entsprechend teurere Lösungen einfallen lassen.

Titanfeder

Eine Feder aus der Titan-Legierung zeichnet sich durch ein um etwa 300 g geringeres Gewicht im Vergleich zur Stahlfeder aus. Allerdings sind die Meinungen dazu gespalten. Die Qualität des Titans hat wohl einen großen Einfluss auf die Lebensdauer der Feder. Generell sagt man, dass die Titanfedern weniger lang halten als Stahlfedern und sich teilweise die Federhärte im Laufe der Zeit etwas verändert. Passende Titanfedern sind außerdem schwer zu bekommen. Der Preis für eine Titanfeder liegt bei 160-200 Euro.

Fox SLS (Super Light Steel)

Fox hat Stahlfedern mit spezieller Oberflächenbehandlung und geringerer Eigenspannung entwickelt, sodass ein geringerer Materialdurchmesser und weniger Federwindungen möglich sind. Dadurch spart man noch mal etwa 20 g im Vergleich zur Titanfeder. Der Preis ist ähnlich hoch wie bei Titanfedern. Zur die Lebensdauer sind mir keine Erfahrungswerte bekannt.

Fazit

Man sieht, wie kompliziert die Zusammenhänge sind. Diese Überlegungen sind jedoch nur relevant, wenn man ein Bike umrüsten oder von Grund auf selbst aufbauen möchte. Bei einem Selbstbau kann man das Problem umgehen, indem man einfach ein passendes Rahmenkit kauft, bei dem der Dämpfer bereits beim Rahmen dabei ist. Dann muss man nur noch die zum Fahrergewicht passende Feder wählen.

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23 Antworten

  1. Martin sagt:

    He Andi, wieder mal ein interessanter Artikel, auf den werde ich definitiv irgendwann zurückgreifen werde, habe aber erst mal vor meine 27,5 Zoll Laufräder demnächst auf 26″ Zoll Laufräder umzurüsten ! In diesem Zusammenhang bin ich auch auf ein Artikel gestossen, der über die Kombination beider Grössen geschrieben hat: sprich vorne 27 und hintern 26 Zoll…Was hälst du davon.Wenn du da ein paar Infos hast und mal wieder Lust ein Artikel zu schreiben ( ; …fiel mir nur gerade so ein. Ansonsten ne schöne Adventszeit. Mfg der Maddin !!!!

    • Gletschersau sagt:

      Hi Martin! Weshalb die Umrüstung auf 26″ ? Vom Radumfang her ist es ja fast dasselbe. Das würde nur Sinn machen, wenn man mehrere Bikes mit 26″ hat und alles einheitlich haben will, um Teile austauschen zu können. Man kann beide Laufradgrößen kombinieren, aber wie gesagt, der Unterschied ist vernachlässigbar und man wird das beim Fahren eher nicht merken. (Wenn du auf ein 26″ Laufrad einen etwas dickeren Mantel montierst, hast du effektiv schon 27,5″.)
      Dir auch schöne Weihnachten!
      Andi

      • Fabio sagt:

        Gibt es den stahldämpfer auch inder größe die ich brauche für ein cube stereo 240 pro 2023 weil ich breuchte a bissal mehr federweg für bikepark und größere Sprünge. Würde mich sehr freuen wenn mir jemand bescheid sagt

  2. Ralph sagt:

    Super Artikel, hat Spaß gemacht ihn zu lesen! :)

  3. Heinrich sagt:

    Hi Andi, interessanter Bericht, ich Benötige einen Rat von dir, ich bin dabei mir einen gefederten Anhänger für meine 3. Deutschlandumrundung zu bauen, da ich nur noch 65% Herzleistung habe, fahre ich mit Motor. Bin 2018 5140 Km bei 42.000 Hm, einschließlich Großglochner Hochalpenstraße, in 33 Tagen gefahren. Habe 3 Akkus mit 25Ah gleich 24 Kg, alle Klamotten für 33 Tage Ersatzteile, ein Gewicht von 85 Kg. Da die Straßen und Radwege nicht immer im guten Zustand sind, ist der Anhänger gaz schön gesprungen und dashalb muß eine Federung am neuen Anhänger.
    Als Schwinge habe ich mir 2 gebrauchte, gefederte MTB Der Anhänger wird Ca. 60 Kg wiegen, so hätte ich 30 Kg pro Seite, gibt es so eine weiche Federing

  4. Alexander Stiegler sagt:

    Servus. Kann ich einen Stahlfederdämpfer in den Liteville 301 Rahmen einbauen? Ich hab gehört, dass der Hinterbau dafür eher weniger geeignet ist, da der Dämpfer am Anfang schwer anspricht und dann immer leichter wird, je mehr er komprimiert wird. Gruß Alex

    • Gletschersau sagt:

      Theoretisch sollte das problemlos gehen (hat mit der Marke des Rahmens normalerweise nichts zu tun), wenn Einbaulänge und Hub zur Rahmengeometrie passen. Ich weiß aber nicht ob Liteville da irgendwelche Besonderheiten hat, deshalb kann ich dir nicht garantieren, dass es hinterher keine Schwierigkeiten gibt.

  5. Anonymous sagt:

    Sollte der SAG bei 76mm Hub nich eher zwischen 20 und 25mm liegen?

  6. Birdouu sagt:

    Ja nice hat mir sehr geholfen…. Wirklich gut… Dank dir
    Gruß Birdouu

  7. Patrick sagt:

    Hallo, interessanter Beitrag. Was ich mich frage ist, wofür steht die 115 in deiner Rechnung?

    LG

  8. Micha sagt:

    Hallo, danke für den ausführlichen Beitrag. Jedoch kann da etwas nicht wirklich stimmen. Laut deiner Rechnung komme ich auf eine lbs von 380 (88kgx115×160mm:65:65) ich fahre jedoch eine 475 Feder und habe 25% SAG…
    LG

    • Gletschersau sagt:

      Hallo Micha, das ist merkwürdig. Was mich wundert ist, dass du bei einer 475er Feder 25% SAG hast. Die Feder kommt mir im Verhältnis zu deinem Gewicht sehr hart vor. Eventuell kann das mit der Geometrie des Rahmens zusammenhängen. Eventuell stimmen bei deiner Berechnung die Angabe des Hub oder der Federweg nicht? Der Federweg ist ausschließlich abhängig von der Rahmengeometrie, da benötigt man die Angaben des Herstellers. Kann man schwer sagen…

  9. Michael sagt:

    Hallo, habe mir die Bobby Root Edition vom Spitzing M1 Evolution gegönnt. Hinten ist ein Fox DHX2 mit einer 600 x 2.55 Stahlfeder verbaut. Bei meinen max. 75 kg ist die Feder zu hart. Der Rechner bei Fox schlägt mir eine 400 Härte vor. Nur leider gibt es die nicht mit einem Hub von 2.55.
    Was würdest du mir empfehlen? Einbaulänge und Dämpfer Hub laut Spitzing 230 und 65.

  10. Drago sagt:

    Hay ich habe mir das Kona Precept 200 Downhill Bike Gebraucht geholt und es steht bei einem Fahrrad Händler und wollte euch soo fragen was ich für eine feder brauche für dieses fahrad wegen der Rahmen Geometrie für ein Gewicht von 85-90 kg

  11. George sagt:

    Hallo
    Ich hab ein Problem bei meiner Marzzochi Bomber CR, 62.5x230mm, 600lb diese musste ich schon zweimal einschicken weill sie eine Leck hatte und ich bin immer noch am warten :-( Nun habe die Nase voll und habe mich im Netz umgeschaut für ein andres Model und finde nur 230mm mit 60Hub oder 65HUB jedoch nicht 62,5. Kannst du mir bitte sagen was der Effekt ist wenn ich eine mit 60HUB oder 65HUB mit der Einbaulänge 230mm nehme? Besten Dank für deine Hilfe
    Gruss aus der Schweiz.
    George

    • Gletschersau sagt:

      Hallo George, nach meinem Verständnis ist bei gleichen Bedingungen (Einbaulänge, Material) der Stahlfederdämpfer mit dem größeren Hub weicher, als der mit dem kleineren Hub.

  12. Dirk sagt:

    Hi,
    kann ein Coil Dämpfer überhaupt seinen vollen Hub nutzen wenn auf der Kolbenstange der Anschlagpuffer sitzt? Dieser lässt sich ja nicht auf Null komprimieren…. ???

    Gruß Dirk

  13. Stephan sagt:

    Hallo erstmal ein sehr aufschlussreicher Bericht.
    Danke für die Lehrstunde.

    Ich habe den fox dhx2 267 89 mit einer 400lbs x3.65 Feder verbraut .
    Die ist mir zu weich …
    Ich habe mir eine 500 x 3.64 und beim Versuch des einbauens gemerkt das sie zu lang ist .

    Drum meine Frage wo hab ich den Fehler gemacht und welche Federn kann ich nutzen?
    Laut Rechner 550 – 600 einbauen.

    Grüße

  14. Jan sagt:

    Ich habe mir vor kurzen ein Norco A-Line Park and Ride zugelegt.
    Leider ist der Stahlfederdämpfer(Marzocchi Roco tst r)
    Komplett hinüber.
    Ich habe mir als neuen Stahlfederdämpfer einen
    RockShox Vivid R2C Dämpfer 240x76mm Tune Mid/Mid​
    Rausgesucht.
    Beim Stöbern ist mir die Angabe Low Mid und High lagernd aufgefallen.
    Ich habe mich jetzt die letzten 5 Nächte durch verschiedene Seiten gelesen und unzählige Videos angeschaut. Um so mehr ich mich mit dem Thema befasse um so unsicherer werde ich.
    Ich hoffe hier kann mir jemand erklären ob der von mir ausgesuchte Dämpfer passt.
    Vielen Dank und Grüße an eure Bikes

  15. Anonymous sagt:

    Danke, du bist ein Schatz!!! Danke für die nachvollziehbare Erklärung!!

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