Improvisierter Fell-Windschutz für die Sony RX100

Was bei vielen Videoaufnahmen besonders in den Bergen oder am Meer negativ auffällt sind die Störgeräusche, die bei Wind vom Mikrofon aufgezeichnet werden. In diesen Regionen herrscht oft starker Wind, was die Tonaufnahmen eines Videos praktisch unbrauchbar macht. Wenn man professionelle Videos zu produzieren möchte, sollte man nach einem Weg suchen, diese Störgeräusche zu verhindern.

Ich habe meine Sony RX100 mit einem selbst gemachten Fell-Windschutz ausgestattet, der selbst bei Sturm auf dem Berggipfel Störgeräusche vom Wind fast vollständig verhindert. Und das ganz einfach, günstig und unkompliziert!

Hintergrundinformationen

Windgeräusche kommen dadurch zustande, dass der Wind auf die Membran des Mikrofones trifft, die eigentlich auf Schallwellen reagieren soll. Der Druck durch den Wind ist jedoch um ein Vielfaches stärker als der Druck von Schallwellen. Damit ist das Mikrofon überfordert und es entstehen besonders in tiefen Frequenzbereichen sehr hohe Pegelausschläge. Der Frequenzbereich für solche Windstörungen liegt normalerweise zwischen 10 Hz und 200 Hz.

Die krachenden Störgeräusche sind sehr unangenehm und solche Tonaufnahmen kann man in der Regel komplett vergessen. Natürlich hat man die Möglichkeit, in der Nachbearbeitung der Tonspur die betroffenen Frequenzbereiche abzuschwächen bzw. zu filtern. Manche Videokameras kann diese Art von „Windgeräuschunterdrückung“ zugeschaltet werden. Das hat dann aber den Nachteil, dass die Tonspur insgesamt miserabel ist, weil die betroffenen Frequenzen insgesamt abgeschnitten werden und danach die normalen Tonaufnahmen auch seltsam klingen. Außerdem ist es immer zeitaufwändig und suboptimal, in der Nachbearbeitung Mängel auszubessern. Das gilt für Audioaufnahmen genauso wie für Video- und Fotoaufnahmen.

Besser ist es zu verhindern, dass Störgeräusche durch Wind bei der Aufnahme überhaupt erst entstehen. Man muss also dafür sorgen, dass der Druck des Windes nicht bis zum Mikrofon vordringen kann. Für den Zweck werden Mikrofone bei professionellen Aufnahmen mit einem Material überzogen, das den Wind abhält aber den Schall trotzdem möglichst unverändert durchlässt.

Zum einen gibt es den Schaumstoffüberzug für Mikrofone. Dieser eignet sich gegen mittelstarken Wind oder Pop-Störungen, die entstehen, wenn man aus kurzem Abstand ins Mikrofon spricht. Nachteil des Schaumstoff-Windschutzes ist, dass auch hohe Frequenzen etwas gedämpft werden. Die Aufnahmen klingen dumpfer.

Der Fell-Windschutz (im Fachjargon auch „Deadcat“ genannt) eignet sich vor allem für starken Wind. Die langen Haare des Fells halten auch starken Wind effektiv ab und haben den Vorteil, dass die Höhen nur geringfügig gedämpft werden. Der Klang ist insgesamt besser als beim Schaumstoffüberzug. Der Nachteil ist, dass dieser Puschel etwas merkwürdig aussieht.

Windschutz für die Sony RX100

Da mich die Windgeräusche sehr stören, habe ich einen Fell-Windschutz für meine Sony RX100 Mark V gebastelt. Für externe Mikrofone gibt es einen passenden Windschutz fertig zu kaufen. Bei Geräten mit eingebautem Mikrofon ist das schwierig, hier muss man improvisieren. Da alle Sony RX100-Modelle ab Mark III an der Oberseite ähnlich aussehen, funktioniert das für die Mark III bis Mark VI auf die gleiche Weise. Man könnte auch für die meisten anderen Kameras etwas Ähnliches basteln. Man benötigt dafür neben etwas Geschick und Fingerspitzengefühl folgende Materialien, die ich im Gesamtwert von unter 10 EUR auf Amazon bzw. eBay gefunden habe:

  • Selbstklebendes Klettband (15-20 mm breit)
  • Kunstfell mit einer Florlänge von 3-4 cm auf Gazestoff

Bei der Sony RX100 sind die beiden Mikrofonöffnungen für Stereo-Aufnahmen an der Oberseite links und rechts neben dem Blitz angebracht. Es geht darum, dass man mithilfe des Klettbandes das Fell so über den Mikrofonen befestigt, dass es den nötigen Windschutz bietet, abnehmbar ist und die Funktion der Kamera nicht beeinträchtigt. Damit seitlich kein Wind zum Mikrofon vordringen kann, sollte der Windschutz die Mikrofone möglichst umschließen. Es genügt nicht, die Felle einfach nur an der Oberseite anzubringen.

Zunächst macht man eine maßstabstreue Zeichnung der Kamera-Oberseite. Das erleichtert das Zuschneiden der Materialien. Das Klettband wird so ausgeschnitten, dass es die Mikrofone vollständig umschließt, aber keine Bedienelemente verdeckt. Da ich den Blitz nie nutze, wird dieser einfach überklebt. Für den Sucher habe ich ein separates Stück Klett ausgeschnitten, damit er nach dem Entfernen des Fells noch ausgefahren werden kann.

Ich habe versucht, das Klettband möglichst großflächig anzukleben, damit das Fell einen guten Halt hat. Wichtig ist, dass man (am besten mit einer Nagelschere) kleine Löcher für die Mikrofone aus dem Klettband schneidet. Die Mikrofonöffnungen dürfen nicht zugeklebt werden! Zusätzlich wird vorne und hinten Klett angebracht, damit man eine bessere Umschließung der Mikrofone erreicht. Dies ist besonders wichtig, weil sonst der Windschutz nicht viel bringt! Die aufgeklebten Klettbänder lassen sich übrigens wieder rückstandsfrei entfernen.

Dann schneidet man ein Stück Fell zurecht und beklebt die Rückseite mit dem Klett-Gegenstück in passender Größe. Hier sollte man mit einem ordentlichen Kleber nachhelfen, da das Klebeband alleine auf dem Gaze nicht dauerhaft gut hält. Natürlich müssen auch an diesem Klett-Gegenstück vor dem Aufkleben Löcher für die Mikrofone ausgeschnitten werden. Durch den Klettstreifen hinten und die drei Klettstücke vorne kann das Fell hinten und vorne heruntergeklappt werden, damit die Mikrofone gut umschlossen sind. Ein Windschutz-Fell das nur oben befestigt wird bringt nicht viel (ich hatte das in einem ersten Versuch getestet). Das Fell kann dank Klett recht einfach auf der Kamera befestigt und wieder entfernt werden.

In der Praxis habe ich diesen Windschutz bei meinem Alpencross 2018 erstmalig verwendet und die Ergebnisse der Tonaufnahmen sind hervorragend. Selbst bei dem Filmen während der Fahrt oder auf einem stürmischen Berggipfel sind die Aufnahmen einwandfrei und es sind keine Störgeräusche zu hören. Die Bastelei war also ein voller Erfolg!

Externes Mikrofon

Die beste Option ist die Verwendung eines externen Mikrofons. Die meisten Kameras haben jedoch keinen Mikrofonanschluss, was uns vor ein Problem stellt. Die einfachste Lösung hierfür ist, einen Digitalrecorder zu verwenden und ein kleines Lavalier-Mikrofon daran anzuschließen. Für Lavalier-Mikrofone gibt es sehr gute Windschutz-Aufsätze günstig zu kaufen. Digitalrecorder sind sehr klein und leicht und bieten zusammen mit einem guten Mikrofon eine hervorragende Aufnahmequalität. Der Nachteil ist, dass man ein extra Gerät dabeihaben und dieses auch separat bedienen muss. Außerdem muss die Tonaufnahme in der Nachbearbeitung mit der Videoaufnahme synchronisiert werden. Das macht die Sache entsprechend umständlicher.

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4 Antworten

  1. Alex sagt:

    Danke für die gut beschriebene Anleitung! Ich suche schon eine Weile nach dem richtigen Stoff und ich bin mir nie sicher, welcher der richtige ist. Hast du einen Tipp, welchen genau man nehmen kann?

    • Gletschersau sagt:

      Hi Alex, ich habe damals auf eBay einen Kunstfell-Rest mit den angegebenen Eigenschaften für wenige Euro gekauft.

  2. Pami sagt:

    Hallo aus Hamburg, ich hab mir gerade die rx100 zum vloggen und filmen beim basteln geholt. bisher habe ich voiceover gemacht, dachte, dass könnte ich jetzt vll ändern… was hältst du von dem drahtlosen micro von sony für die kamera mit einen lavalier ansteckmicro? udn könnte ich auch einfach ein lavaliermicro mit micro usb anschluss verwenden? VG Pami

    • Gletschersau sagt:

      Hallo Pami, ich habe keine Erfahrung mit der RX100 und dem drahtlosen Sony-Mikrofon. Ist sicher eine gute, aber auch eine relativ teure Lösung. Lavalier mit Micro-USB funktioniert meines Wissens nicht, da der USB-Anschluss der RX100 dafür nicht ausgelegt ist.

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