Wie brauchbar ist die Höhenmessung mit einem GPS-Gerät?

Sehr viele Mountainbiker sind heute mit einem Navigationsgerät bewaffnet, weil man sich dadurch mehr auf das Fahren konzentrieren kann und nicht ständig anhalten und Karten wälzen muss. Die gefahrene Strecke kann außerdem aufgezeichnet und elektronisch ausgewertet werden. Dadurch bekommt man einen so großen Haufen an Daten über die Tourlänge, die Geschwindigkeit und die zurückgelegte Steigung, dass jeder Statistik-Freak sofort leuchtende Augen bekommt. Tatsächlich ist es recht nützlich, wenn man mithilfe der Daten ein Gefühl dafür bekommt, wie viele Kilometer und Höhenmeter man pro Tag zurücklegen kann, weil es die realistische Planung einer schwierigen Tour (z.B. eines Alpencross) erleichtert. Nicht vergessen darf man dabei, dass die eigene Strecken- und Höhenleistung auch stark von der Beschaffenheit des Geländes abhängt.

Es ist inzwischen weit verbreitet, dass Mountainbiker ihre Touren mit einem GPS-Empfänger während der Fahrt aufzeichnen und zuhause auswerten, bzw. die Tourdaten im Internet zur Verfügung stellen. Die Touren können dann auf digitalen Karten angezeigt werden und man hat außerdem die Möglichkeit, tolle Höhenprofile erstellen. Auch in meinen Tourenberichten findet man immer Angaben über die zurückgelegte Strecke und den insgesamt bergauf erkämpften Höhenunterschied. Doch wie zuverlässig sind solche Angaben? Wie genau stimmen sie mit der Realität überein? Die Frage ist durchaus berechtigt, weil es teilweise drastische Abweichungen zwischen den Messungen unterschiedlicher Personen gibt.

Wie die Berechnung der Höhenleistung funktioniert

Um das zu beurteilen, muss man erst einmal verstehen, wie solche Berechnungen zustande kommen. Wenn man eine Strecke mit dem GPS-Gerät (das kann auch ein Smartphone oder ein GPS-Logger sein) aufzeichnet, schreibt das Gerät in regelmäßigen Abständen die aktuellen Daten inform eines Wegpunktes den Speicher. Das sind normalerweise geografische Länge und Breite, die aktuelle Uhrzeit und die absolute Höhe. Bei den meisten Geräten kann man einstellen, wie oft ein Wegpunkt geschrieben wird. Es macht zum Beispiel einen Unterschied, ob man alle 5 Sekunden oder nur einmal in der Minute einen Wegpunkt schreibt. Denn wenn zwischen den Wegpunkten z.B. ein Gefälle und eine Steigung liegen, würde dies bei der Höhenleistungsberechnung nicht berücksichtigt, weil ja nur die Höhendifferenz zwischen den benachbarten Wegpunkten bekannt ist. Etwas übertrieben dargestellt würde das so aussehen:

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Hier stößt man schon auf das erste Dilemma bei der Berechnung der Höhenleistung: Je dichter man die Wegpunkte setzt, desto mehr werden kleine Gefälle und Steigungen berücksichtigt. Je weiter die Wegpunkte entfernt sind, desto mehr werden kleinere Gefälle und Steigungen bei der Berechnung ignoriert. Letztendlich ist die Messung der Höhenleistung immer eine Näherung. Wer jeden Meter einen Wegpunkt setzt, wird theoretisch eine viel größere Höhenleistung berechnen als jemand, der nur alle 100 Meter einen Wegpunkt setzt. Das fällt logischerweise im bergigen Gelände mehr ins Gewicht, als im Flachland.

In der Praxis sieht die Sache jedoch anders aus. Die Software für die Berechnung der Höhenleistung verwendet einen individuellen Algorithmus, der geringe Schwankungen in der Höhe ignoriert. Das erklärt auch, weshalb die selbe Strecke in unterschiedlichen Planungsprogrammen leicht abweichende Ergebnisse erzielt. Eine andere Software kann einen ganz anderen Algorithmus verwenden, der zu etwas abweichenden Ergebnissen führt. Ein Beispiel für einen Algorithmus wäre, dass ein Anstieg wird nur dann als ein solcher gerechnet wird, wenn er mindestens 5 Meter über/unter und 20 Meter entfernt der vorangegangenen Messung liegt. Kleinere Höhenschwankungen werden dabei ignoriert. Das macht auch Sinn, da aufgrund der Ungenauigkeit der GPS-Geräte und des Geländemodells eine feinere Bestimmung der Höhenleistung sowieso absurd wäre. Womit wir beim nächsten Punkt angekommen sind.

Die Bedeutung des Digitalen Höhenmodells

Theoretisch gibt es drei Methoden zur Bestimmung deiner aktuellen Höhe: 1. Die rein aus Satellitensignalen berechnete Höhe, die allerdings ungenau ist. 2. Die anhand von Positionsdaten aus dem Digitalen Höhenmodell bestimmte Höhe, die in vielen GPS-Geräten zum Einsatz kommt. 3. Die barometrische Höhenmessung. Gängige GPS-Geräte bestimmen die absolute Höhe mittels der Geokoordinaten und der im Gerät gespeicherten korrelierenden Höhenvermessungsdaten. Einfach ausgedrückt, das Gerät ermittelt mithilfe der Satelliten den eigenen Standort und schaut dann in dem vom Vermessungsdienst zur Verfügung gestellten Höhenmodell nach, wie die absolute Höhe an genau diesem Punkt ist. Wenn das Höhenmodell ungenau ist, verfälscht dies natürlich die Berechnungen.

Entscheidend für die Qualität des Ergebnisses ist demnach Qualität des Digitalen Höhenmodells DHM (engl. DEM – Digital Elevation Model). Das DHM besteht aus einem Raster von Messpunkten, die von Satelliten (Sentinel) oder mithilfe von Flugzeugen aufgezeichnet werden. Um die Stellen zwischen den Rasterpunkten zu füllen, verwendet man in der Regel ein Interpolationsverfahren. Manchmal werden dafür auch Daten aus anderen Quellen hinzugezogen. Je enger das Raster ist, desto genauer kann die Oberfläche beschrieben werden. Üblich sind Raster mit einer Gitterweite von 5 bis 500 Metern. Wenn das Raster sehr grob ist, ist die Berechnung der Höhenleistung entsprechend ungenau.
Recht schön erkennt man den Unterschied, wenn man die aktuelle Google-Geländekarte an der Grenze zwischen der Schweiz und Österreich oder Italien ansieht. Google hat die mit 6 Metern dicht gerasterten DHM-Daten der Schweiz bereits eingebaut, für Österreich und Italien werden jedoch noch die alten Daten mit 50-Meter-Raster angezeigt, obwohl die Daten mit einer Gitterweite von 10 Metern bereits zur Verfügung stehen.

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Berechnung der Höhenleistung bei Seilbahnnutzung

Typischerweise hat das Routenplanungstool aufgrund der eigentlich sehr nützlichen DHM-Annäherung ein weiteres Berechnungsproblem. Wenn nämlich zwei Wegpunkte sehr weit auseinander sind, wird ein gutes Planungstool das dazwischenliegende DHM berücksichtigen, um ein mögichst genaues Ergebnis bei der Berechnung der Höhenleistung zu liefern. Das führt automatisch zu großen Fehlbestimmungen, wenn man Seilbahnverbindungen in die Route integriert. Während man tatsächlich die Höhendifferenz zwischen Tal- und Bergstation zurückliegt (die man später ganz einfach von der Gesamt-Höhenleistung subtrahieren kann, um ein realistisches Netto-Ergebnis zu erhalten), wird das Planungstool das komplette DHM zwischen Tal- und Bergstation mit einbeziehen. Die berechnete Höhenleistung ist dadurch üblicherweise wesentlich größer:

Ungenauigkeit von GPS-Messungen

Genauso relevant für die Höhenleistungsbestimmung ist die Genauigkeit der durchgeführten GPS-Messungen. Wie oben beschrieben ist die Ermittlung der eigenen Position per Satelliten der Schlüssel. Wenn die Positionsbestimmung nicht gut funktioniert, kann auch die Höhe auf dem DHM nicht exakt bestimmt werden. Schon geringe Abweichungen in der Positionsberechnung können extreme Auswirkungen haben. Stellt euch als Beispiel einfach vor, ihr geht an einem Steilhang entlang. Nun hat aus irgendwelchen Gründen das GPS-Gerät keinen guten Satellitenempfang und kann deshalb die Position nur auf 10 Meter genau bestimmen. 10 Meter weiter links ist die absolute Höhe jedoch 20 Meter tiefer, 10 Meter weiter rechts ist es aufgrund des Geländes 20 Meter höher. So ergibt sich eine Ungenauigkeit von bis zu 40 Höhenmetern. Diese Ungenauigkeit addiert sich auf und kann bei der Gesamtauswertung der Tour signifikante Fehler erzeugen.

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Barometrische Höhenmessung

Der Vorteil der barometrischen Höhenmessung ist, dass Geokoordinaten und DHM für die Höhenbestimmung irrelevant sind. Umso mehr kann die Messung jedoch durch wetterbedingte Luftdruckveränderungen verfälscht werden. Es ist deshalb wichtig, das Barometer zu Tourbeginn zu kalibrieren und Wetterumschwünge zu berücksichtigen. GPS-Geräte mit Barometer können den barometrischen Höhenmesser mithilfe der satellitengestützten Positionsbestimmung automatisch kalibrieren, also eine Kombination aus beiden Methoden. Eine manuelle Kalibrierung des barometrischen Höhenmessers ist meistens noch genauer. Man muss dazu jedoch die exakte tatsächliche Höhe kennen, auf der man sich gerade befindet. GPS-Geräte mit Barometer liefern bei richtiger Handhabung genauere Höhendaten, als reine Satelliten-Geräte.

Fazit

Die Erkenntnis ist, dass unterwegs gemessene Höhendaten immer etwas unzuverlässig sind und in der Regel nicht für korrekte Auswertungen taugen. Wenn man ein genaues Höhenprofil haben möchte, gelingt dies am besten, wenn man anhand einer digitalen Karte die gefahrene Strecke möglichst genau nachvollzieht (vorausgesetzt man nutzt ein kartographiertes Wegenetz, der Algorithmus der Planungssoftware ist gut, und das von der Software verwendete DHM ist genau genug). Dann stimmen die Höhendaten ziemlich exakt. Genau so gehe ich auch vor, wenn ich in meinen Tourenberichten Höhenangaben mache.

Ergänzung: Die Entfernungsberechnung

Es stellte sich mir ebenso die Frage, mit welcher Methode die Distanz bei Portalen wie GPSies.com berechnet wird. Das Problem ist ja ähnlich wie bei der Höhenleistung. Wird dabei das DHM mit einbezogen, oder wird die km-Leistung lediglich anhand der Draufsicht bestimmt? Letzteres wäre ja bei einer Strecke mit vielen Steigungen etwas ungenau. Recherchen haben folgendes ergeben:

Es wird bei GPSies (sowie bei den meisten anderen Portalen) für die Entfernungsbestimmung nur die Draufsicht verwendet. Der Betreiber von GPSies meint, die korrekte Berechnung wäre zwar technisch kein Problem (abgesehen davon, dass die Route dann besonders genau aufgezeichnet werden müsste, weil sonst das DHM die Ergebnisse stark verfälschen könnte), doch dann würde GPSies andere Werte als die anderen Routenportale liefern, und das würde zu viele Diskussionen und Fragen mit Benutzern aufwerfen. Wenn man sich für die korrekte Entfernung interessiert, kann man sich diese aber in GPSies über einen separaten Knopf anzeigen lassen. Gut zu wissen!

Details hier im GPSies-Blog.

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9 Antworten

  1. Frank sagt:

    Tolle Erklärung. Sehr interessant.

  2. Bastian sagt:

    Vielen Dank für die ausführliche und anschauliche Erläuterung!

  3. Dan sagt:

    Top! Danke für die Erklärung

  4. Henning sagt:

    Danke für die super Erklärung!
    Man kann die Höhe auch simpel aus einem 3D-Erd-Modell ablesen, wie z.B. auf dieser Webseite:
    http://www.wie-hoch-bin-ich.de
    Ist dank Radarsatelliten sehr genau. Vielleicht Hilft es dem ein oder anderem.

    VG
    Henning

  5. Franz-Josef sagt:

    Hervorragender Beitrag zum Verständnis der angegebenen Höhenmeter

  6. Hannes sagt:

    Ich habe vor Kurzem selbst einige Karten gesehen, die durch GPS-Vermessung entstanden sind. Da ich auch viel Fahrrad fahre, bringt mir das einiges. Es fallen weniger Überraschungen an, wenn man schon vorab etwas über die Strecke weiß.

  7. Ulrich sagt:

    Vielen Dank! Sehr klar. Man hätte noch die Genauigkeit bestimmter Uhren mit Höhenmesser ansprechen können.

  8. Olaf sagt:

    Hallo,
    Ich habe mich seit längerer Zeit mit diesem Thema beschäftigt und inzwischen eine für mich optimale Lösung erarbeitet.
    Hintergrund war, dass ich immer mit den starken Schwankungen der Handy GPS Aufzeichnung unzufrieden war insbesondere bei schlechten Umgebungsbedingungen. Da wandert man schon mal im Fluss oder im Tal statt auf dem Berg.
    Ich wollte aber weiterhin mein Handy und Lucus zur Aufzeichnung nutzen und kein Garmin o.ä. anschaffen.
    Kurzum, jetzt habe ich eine sehr gute Lösung mittels eines kleinen externen, sehr präzisen GPS Empfängers entwickelt, der die Daten per Bluetooth an Locus sendet.
    Ich bin mega happy und sicher, dass die präzise GPS Position das A und O einer präzisen Höhenmessung darstellt.
    Falls Interesse an Details besteht, bitte melden.
    Gruß
    Olaf

  9. Frank G. sagt:

    Guter Artikel, was die Gewinnung von GPS-Tracks betrifft!
    Bei der Nutzung externer Tracks tritt allerdings noch das Problem auf, dass die aus den GPS-Daten akkumulierten Höhenmeter sehr stark von der verwendeten Software abhängen. Konkret hatte ich im Frühjahr eine Transalproute geplant. Ein Import der geplanten Route in verschiedene Outdoor Apps (Outdooractive, Komoot, Locus, GuruMaps, OSMand, Maps3D, Bergfex) lieferte bei den Höhenmetern Abweichungen vom Mittelwert von bis zu +- 25%. Wie kommen diese Schwankungen zustande? Und welches ist denn nun die der Realität am besten entsprechende Angabe? Verwenden die Apps zum großen Teil nicht dieselben Höhendaten? Und wenn nicht, weichen die Höhendaten dann derartig voneinander ab? Hat jemand für eine der genannten Apps ev. einen Vergleich zu den akkumulierten Höhenmetern eines barometrischen Höhenmessers?
    Für eine Klärung der Problematik wäre ich dankbar!

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