Bikebergsteigen und Freeriden am Demeljoch

24 km und 1400 Höhenmeter Anstieg klang nach einer Einstiegstour für Untrainierte. Das waren die Daten für die Mountainbike-Runde, die Martin und ich in der Nähe vom Sylvensteinspeicher bei herrlichem Sommerwetter spontan unternehmen wollten. Doch war jemals eine Tour mit Martin und mir einfach gewesen? Nein!

So sollte sich auch diesmal herausstellen, dass die Tourdaten nicht im geringsten das wiederspiegelten, was uns erwarten würde. Zum Einrollen radelten wir vom Ausgangspunkt entlang des Sylvensteinspeichers auf einer Forststraße. Dann ging es ins Dürrachtal hinein und weiter leicht bergauf, bis auf 1200 m Höhe der Wanderweg-Abzweig zum Demeljoch auftauchte. Die Höhenlinien auf der Karte ließen es vermuten, und schon beim Einstieg in den Weg wurde bestätigt, dass es bis oben eine reine Tragestrecke werden würde.

Äußerst steil schleppten wir die Bikes auf dem schmalen Pfad durch dicht bewachsenes Gelände nach oben. Der Schweiß rann bei Temperaturen um die 30 °C in Strömen. Unser gleichmäßiger Rhythmus wurde nur durch gelegentliche Bremsen-Angriffe unterbrochen. Ein paar Stiche bekam jeder von uns ab, bis wir höheres Gelände erreichten und der dichte Wald sich lichtete. Als schließlich bei der (unbewirtschafteten) Demel Hochlegeralm die Bäume ganz zurücktraten und den neugierigen Kühen Platz machten, war es schon fast Mittag. Am Himmel rollten ein paar schwarze Gewitterwolken heran und es war ein Donnergrollen in der Ferne zu hören. Der Wind frischte auch merklich auf, als wir weiter aufstiegen und schließlich die erste richtige Pause einlegten. Ausgerüstet mit zwei Flaschen Bier, Käse, Schinken, Gemüse, Semmeln und Brezen genossen wir nicht nur kulinarisch, sondern auch optisch die grandiose Aussicht auf’s Karwendel- und Rofangebirge. Die dunkle Wolke war nun direkt über uns, doch außer fünf dicker Regentropfen passierte glücklicherweise nichts.

Als wir uns wieder aufmachten, kam schon wieder die Sonne zum Vorschein und die brütende Hitze kehrte zurück. Auf 1840 m hatten wir den höchsten Punkt erreicht und hofften auf die ersehnte Abfahrt. Daraus wurde jedoch erst einmal nichts, denn wir mussten die Bikes durch einen dicht bewachsenen Latschenkiefern-Hang nach unten schieben und tragen. Dann folgte der zweite Anstieg, wir mussten die Bikes nochmals 50 Hm schultern bis hoch zum Dürrnbergjoch. Auf einer sehr steilen Passage trugen wir unsere Drahtesel auf der anderen Seite herunter, dann ging es am Grat entlang bis zum Schürpfeneck, und hier konnten wenigstens hin und wieder kurze Abschnitte gefahren werden. Immerhin die Aussicht war super, man konnte die Isar und den Sylvensteinsee im Tal sehen.

Ab dem Schürpfeneck begann es jedoch endlich interessanter zu werden. Der Weg zog sich am Hang des Grates entlang, es ging leicht abwärts und es gab kleine Gegenanstiege. Hier fuhren wir schon das meiste, auch wenn der Trail oft sehr schmal und ausgesetzt war. Am Hühnerberg angekommen begann dann eine nicht enden wollende Freeride-Orgie.

Der schmale Trail wand sich plötzlich ziemlich steil und mit vielen engen Kehren durch den Wald nach unten. Der Wanderweg war permanent durchsetzt von Felsstufen, bröseligem Geröll und großen Wurzelhindernissen, sodass unser ganzes Bike-Können gefordert war. Diese Abfahrt ist wahrlich nichts für Anfänger oder normale Trailbiker. Hier geht es so zur Sache, dass man fast ständig am Limit fährt. Die Abfahrt erforderte höchste Konzentration, exzellente Balance und eine große Portion Mut, da das verblockte Gelände mit seinen steilen Hindernissen nicht selten gerade in Spitzkehren aufwartete. Doch wir konnten die ganze Abfahrt fahren und nur an etwa fünf Stellen waren die Stufen derart steil oder eng, dass wir kurz absteigen mussten.

Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die Abfahrt mindestens genauso anstrengend wie der lange Aufstieg war. Ich merkte, wie ich aufgrund meiner Freeride-Übung im Bikepark ein großes Stück an Sicherheit im unfahrbar erscheinenden Gelände gewonnen hatte. Martin hingegen war der Meister des Hinterradversetzens und konnte diese Technik oft zum Einsatz bringen. Wir hatten riesigen Spaß und waren ziemlich erschöpft, als uns der Trail unten an der Forststraße wieder ausspuckte. Diese Abfahrt hatte buchstäblich bis zum letzten Meter alles von uns abverlangt.

Ein Sprung in den eiskalten Gebirgsbach rundete das Abenteuer ab. Hier stillten wir direkt beim Baden unseren Durst aus dem Fluss. Für die 24 km Mountainbiketour hatten wir über 7 Stunden gebraucht, obwohl wir nur eine große Pause eingelegt hatten und flott unterwegs waren. Das zeigt wieder einmal anschaulich, wie wenig Distanz- und Höhenmeterangaben über eine Tour aussagen.

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