Alpencross 2019 Tag 7

Etappe 11: Grumino – Mezzolombardo – Santel – Meriz – Molveno – Dasindo – Croce di Bondiga – Torbole
Länge: 60 km
Gesamtanstieg: 1100 Hm
Gesamtabstieg: 2900 Hm


Siebter Tag, letzte Etappe des Freeride-Alpencross! Wir hatten uns das (für unsere Verhältnisse) ehrgeizige Ziel gesetzt, 60 km Strecke netto (abzüglich der kurzen Busfahrt), einen Gesamtanstieg von 1100 Hm netto (abzüglich der Seilbahn) und eine Downhill-Leistung von ganzen 2900 Hm durchzuziehen. Wir wussten, dass keine Zeit zum Trödeln war.

Die kurze Strecke bis zum Bahnhof von Mezzolombardo war schnell zurückgelegt. Dort warteten wir im Park 2 Stunden auf den Bus. Denn wir hatten nicht berücksichtigt, dass heute Sonntag war und die Busse viel seltener fuhren. Gegen 11 Uhr war es dann soweit, die zwei Bikes passten mit abmontierten Vorderrädern gerade in den Laderaum. Der Bus transportierte uns an der Flanke des Monte Fausior die Straße hoch bis nach Santél. Dort nahmen wir den Sessellift nach oben. Das Gebiet gehört zum „Bikepark Paganella“, der sich bis Andalo auf der anderen Bergseite erstreckt. Auf Meriz (1450 m) stiegen wir wieder aus und nahmen den Downhill-Trail nach Andalo.

Die Strecke war teils anspruchsvoll und super zu fahren. Hier stellte sich beim Freeriden bereits das typische Gardasee-Feeling ein. Wurzelige und felsige Passagen wechselten sich ab, das Gelände war teils steil und technisch. Mit etwas Downhill-Erfahrung kann man auf diese Strecke mit hoher Geschwindigkeit fahren und jede Menge Spaß haben.

In Andalo angekommen folgten wir dem etwa 3,5 km langen Waldweg bergab bis zum Molveno-See. Hier konnten wir größtenteils richtig flott hinuntersausen. Besonders im unteren Fünftel wurde aus dem breiten Weg ein Singletrail, der teils über Treppen steil bergab führte.

Es war wieder etwas bewölkt und so verzichteten wir auf ein Bad im See, zumal wir heute noch den Gardasee erreichen wollten und die Zeit knapp war. Es lag schließlich noch etwa 50 km Strecke vor uns, inklusive einer kleinen Passüberquerung. Nachdem wir den See am Westufer passiert hatten konnten wir erstmal wieder eine zeitlang bergab fahren, vorbei an Nembia bis nach Moline. Es folgte ein Anstieg nach San Lorenzo in Banale und nach einigem Auf und Ab kamen wir praktisch vollständig unter Vermeidung von befahrenen Straßen in Ponte Arche an.

Diese Etappe war mir bereits aus vergangenen Touren bekannt, ich habe sie über Jahre entdeckt und verbessert. Es ist aus meiner Sicht eine der interessantesten Möglichkeiten, vom Etschtal „mountainbikemäßig“ bis zum Gardasee zu kommen.

Von Ponte Arche führt der Weg aufwärts nach Campo Lomaso und über die Maisfelder nach Dasindo. Dort angekommen pausierten wir zum ersten Mal etwas länger (20 Minuten). Dabei fielen erste Regentropfen vom Himmel und die Bewölkung ging in dunkles Grau über. Als wir ins Val di Lomasone einfuhren, wurde der Regen stärker und wir stellten uns unter dem Blätterdach am Straßenrand unter. Dadurch verloren wir nochmals eine halbe Stunde und es wurde langsam spät. Einen unangenehmen Anstieg hatten wir ja noch vor uns.

Als der Regen nachgelassen hatte, stiegen wir wieder in die Sättel um das letzte Stück in Angriff zu nehmen. Am Talschluss wurde der Wald dichter und plötzlich fielen Millionen von Moskitos und Bremsen über uns her. Ich wusste aus Erfahrung, dass der bewaldete Nordhang dieses Berges ein ideales Brutgebiet für diese Mistviecher ist und man regelmäßig zerstochen wird, wenn man dort hochschiebt. Doch was wir heute erlebten, war selbst für mich unreal. Noch nie in meinem Leben habe ich so viele Stechmücken auf einmal gesehen. Durch die starken Niederschläge in den letzten 2 Wochen hatten sich die Insekten explosionsartig vermehrt. Ich zog meine Beinlinge, die Regenjacke mit Kapuze und Handschuhe an, um mich davor zu schützen. Und doch fanden die Untiere immer wieder Zugang zu meiner Haut. Jeder frei liegende Quadratzentimeter wurde überfallen und zigfach geschändet.

Im eigenen Schweiß schwimmend zog ich den Aufstieg durch wie eine Maschine. Ohne Pause marschierte ich hoch, denn zum Fahren war es hier zu steil. Als sich bei Treni der Wald endlich lichtete, kam sogar die Sonne wieder zum Vorschein. Die Jacke und Hose auszuziehen war wie eine Erlösung! Die letzten paar Höhenmeter zum Croce di Bondiga waren schnell überwunden. Dann standen wir oben, auf dem letzten Gipfel unserer Reise, den Gardasee unter uns. Die Freude war riesig und wir genossen den Ausblick in der Abendsonne, bevor wir unsere Protektoren und Fullface-Helme anlegten und uns mental auf einen der ruppigsten Trails am Gardasee vorbereiteten: Den Sentiero 409!

Dieser Trail war uns von diversen Gardasee-Besuchen bereits bekannt. Der berüchtigte „409er“ wird von Mountainbikern eher selten befahren, weil es keinen Shuttle-Service dorthin gibt. Man muss die Höhenmeter also selbst bewältigen. Mit seinen kindskopfgroßen Steinen und der äußerst ruppig-holprigen Abfahrt ist er außerdem nicht Jedermanns Sache. Wir jedoch liebten diesen Trail und freuten uns auf dieses letzte Trail-Highlight unserer Alpencross-Tour.

Entsprechend rasant ging es durch einen dicht bewaldeten Dschungel bergab. Unsere Bikes wurden auf das Äußerste beansprucht und wir fuhren alles andere als materialschonend. Der Fahrspaß saugte uns regelrecht hinunter ins Tal. Als uns der Trail oberhalb von Arco ausspuckte, fühlten wir uns absolut glücklich und frei. Wir hatten es geschafft! Nur einige Kilometer entfernt sahen wir Riva del Garda in der Abendsonne liegen und den schier endlos langen Gardasee, der am Horizont im Dunst in den Himmel überging.

Die letzten paar Kilometer Radweg entlang der Sarca waren schnell bewältigt und nichts konnte uns mehr stoppen, als wir uns gegen 18:00 Uhr abends in voller Montur in die kühlen Fluten des Sees stürzten.

Nachdem wir unser Zimmer bezogen und uns ausgiebig geduscht hatten, machten wir uns zu Fuß auf den Weg zu unserer Lieblingspizzeria in Tobole. Dort wurden wir wie gewohnt von der netten Guilia begrüßt und konnten bei den wagenradgroßen besten Pizzen der Welt auf den erfolgreichen Abschluss unseres Freeride-Alpencross anstoßen.

FAZIT:
Der Freeride-Alpencross, der 2018 nach 6 Tagen auf tragische Weise unterbrochen werden musste, war ein Jahr später nach der erfolgreichen Fortsetzung endlich abgeschlossen. Die Routenwahl war größtenteils sehr gut gewesen, auch wenn uns das Wetter statistisch gesehen recht häufig das Leben schwer gemacht hatte. Der Alpencross war insgesamt ein perfekter Mix aus Seilbahnfahrten, anstrengenden Aufstiegen mit dem Bike auf den Schultern und vielseitigen Downhill-Trails. In Bezug auf die Übernachtungen haben wir uns immer wieder in komfortablen Hotels verwöhnen lassen. Der Freeride-Spaß war immens, der Anteil richtig cooler Trails sehr hoch. Unsere Ausrüstung war sehr gut gewählt, uns fehlte wirklich nichts, außer die Gegenstände, die wir unterwegs verloren hatten.

Insgesamt 12 Tage dauert der Alpencross, wenn man ihn ohne Pannen und Unterbrechungen fährt. Ralph und ich schwelgen immer noch in Erinnerungen an diese eindrucksvolle Mountainbike-Reise. Ich denke, wir werden in Zukunft bestimmt wieder einmal einen Alpencross zusammen fahren.

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert