Alpencross 2019 Tag 3

Etappe 8: Cortina d’Ampezzo – Forcella Pomedes – Fanes – Passo Falzarego – Passo Valparola – St. Kassian
Länge: 27 km
Gesamtanstieg: 610 Hm
Gesamtabstieg: 1420 Hm


Der heutige Tag sollte eine harte Prüfung für uns beide werden. Wir hatten geplant, direkt von Cortina mit der Seilbahn hoch zum Col Druscie zu fahren, dann mit dem nächsten Lift zum Duca d’Aosta. Leider war die Talstation jedoch eine Baustelle und die Seilbahn war abgerissen. 2019 wurde diese Gondel komplett neu gebaut. Ich hatte mich auf die Planungsdaten vom Vorjahr verlassen, was in diesem Fall fatal war.

Wir hatten schon ausgerechnet, wie viele Stunden wir durch das Hochstrampeln verlieren würden, als uns noch eine Idee kam. Wir konnten über die Hotelrezeption ein Taxi organisieren, das uns hoch nach Rumerlo brachte, wo wir direkt in den Sessellift zum Duca d’Aosta einsteigen konnten. Die Taxifahrt hat uns 30 Euro gekostet, was für uns akzeptabel war. Oben angekommen sahen wir, dass es noch einen weiteren Sessellift gab, der an der Forcella Pomedes 200 Meter höher (auf 2290 m) endete. Außerdem stellte ich fest, dass ich meinen Helm am Eingang des Hotels hatte liegen lassen. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als „ungeschützt“ zu fahren und zu hoffen, in den nächsten Tagen einen neuen Helm irgendwo aufzutreiben. Wir beschlossen, den Lift noch mitzunehmen, obwohl die Fahrradmitnahme eigentlich nicht vorgesehen war. Doch der Liftbetreiber hatte kein Problem damit, wir hielten das Bike einfach in den Armen wie die Mutter ihr Kind und fuhren bergwärts in der Hoffnung, vielleicht einen coolen Trail mehr erleben zu können.

Einen Trail durften wir tatsächlich erleben, schön war er auch, jedoch nur für Wanderer. Das Ende vom Lied war, dass wir von der Forcella Pomedes unsere Bikes 250 Höhenmeter auf einem teilweise schwierigen, ausgesetzten Wanderweg hinunter bis zum Rifugio Angelo Dibona trugen. Dort machten wir erst einmal Pause, weil ein Gewitter mit heftigem Hagelschauer niederging.

Im weiteren Verlauf sollte es nicht viel besser werden und unsere Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Ein Stück nach dem Rifugio mussten wir die Räder schieben, dann den Berg hoch tragen. Als wir schließlich die Wegekreuzung direkt unter dem fast senkrecht aufragenden Fels des Tofana erreichten, konnten wir immerhin wieder schieben. Auf dem Dolomiti-Höhenweg, dem wir in westlicher Richtung folgten, war über die nächsten 2 km an Fahren nicht zu denken. Der Pfad war ausgesetzt und verblockt, führte über Geröllhalden und hatte immer wieder steile Gegenanstiege. Das zunehmend schlechte Wetter machte die Sache nicht gerade leichter. Immer wieder grollte der Donner in der Ferne und einzelne Regenschauer machten uns das Leben schwer.

In einer Höhle machten wir kurz Pause. Dort telefonierte ich mit dem Hotel um mich über den Verbleib meines Helmes zu erkundigen. Tatsächlich konnte ich organisieren, dass mir dieser für eine Gebühr von 25 EUR nach Hause geschickt wurde. Bei einem Anschaffungspreis von etwa 130 EUR (ohne den abnehmbaren Kinnschutz, den hatte ich nämlich noch im Rucksack) war das jedenfalls eine sinnvolle Lösung. Zuhause brummte mir die Bank jedoch noch eine Überweisungsgebühr von 15 EUR für die Auslandsüberweisung auf. Abzocke! Verbrecher!

In der ursprünglichen Planung wollten wir eigentlich an der Forcella Col dei Bos weiter durch das Fanes-Gebirge über die Forca Travenanzes, Forca Lagazuoi, dann bergab zum Lago Laguzol und weiter auf einem interessanten Trail nach Sciare ins Tal. Doch Wetter, Schieberei und Tragerei machten uns mürbe. Wir machten uns Sorgen wegen des Gewitters, starke Regen- und Hagelschauer machten uns das Leben schwer und ich hatte außerdem Angst wegen Steinschlag, da wir immer wieder steile Geröllhänge queren mussten. Tatsächlich löste sich 100 Meter hinter uns ein größerer Felsbrocken und stürzte von oben über den Pfad, den wir nur wenige Minuten vorher benutzt hatten.

An der Forcella Col dei Bos hatten wir genug und entschlossen uns, direkt abzufahren. Selbst bei schönem Wetter wäre die weitere Route mit Sicherheit eine Herausforderung gewesen. Bei strömendem Regen brausten wir auf einem steinigen Karrenweg ins Tal, wobei wir auch ein paar kurze Tunnel durchqueren mussten. Auf etwa 2050 m Höhe wichen wir vom Karrenweg ab, um uns eine knapp 200 Hm lange Auffahrt auf einer Bundesstraße zu ersparen. Stattdessen nahmen wir eine Abkürzung in Form eines schmalen Pfades, der in den Wald hineinführte. Leider wurden wir auch hier wieder vom Schicksal geohrfeigt, denn Fahren war auf dem „Pfad“ schlichtweg kaum möglich. Teilweise war der Weg so zugewachsen, dass er nicht mehr zu erkennen war. Wir schlugen uns oft nur mithilfe der GPS-Orientierung bei Regen durch das Unterholz, zerrten die Bikes durch Gestrüpp und wuchteten sie fluchend über umgestürzte Bäume. Für die 800 Meter brauchten wir eine knappe Stunde.

Selten in meinem Mountainbike-Leben war ich erleichtert, endlich wieder auf Asphalt fahren zu dürfen. Doch heute war genau das der Fall. Wir fuhren auf der SR48 hoch bis zum Passo Falzarego, dann rechts weg auf der etwas weniger befahrenen SR24 weiter aufwärts zum Passo Valparola. 200 Höhenmeter und 5 km im (inzwischen nur noch) leichten Regen entlang der Bundesstraße waren relativ zügig überwunden. Mit dem Passo Valparola (2170 m) hatten wir den letzten Anstieg des Tages erledigt, denn aufgrund der fortgeschrittenen Stunde würden wir die Etappe schon in St. Kassian enden lassen. Zeit hatten wir glücklicherweise genug.

Der Regen hatte inzwischen aufgehört. Im Schatten eines Rennradfahrers düsten wir hinab ins Tal bis Sciare. Von hier führte ein Radweg weiter unter Verlust von Höhe nach San Cassiano, wo die nächste Seilbahnfahrt auf uns wartete. Doch das hatte Zeit bis morgen, wir machten uns sofort auf die Suche nach einem geeigneten Wellnesshotel. Nach ein paar abschreckenden überteuerten Hotels am Ortseingang wurden wir im Zentrum fündig. Für den fairen Preis von 75 pro Person erhielten wir Halbpension und Nutzung des Wellness-Bereichs. Die Wahl war sehr gut gewesen. Das Hotel war sehr schön, der Wellness-Bereich super modern und das 4-gängige Abendessen überdurchschnittlich hervorragend.

Mit nur 27 km Distanz und einem Gesamtanstieg von 610 Höhenmetern erscheint die Etappe lächerlich. Dennoch hatten wir den ganzen Tag dafür gebraucht. Wie so oft sagen reine Zahlen recht wenig über die tatsächlichen Umstände aus. Gefahren sind wir heute fast nur auf Asphalt, der Rest bestand aus Schieben und Tragen, begleitet von schlechtestmöglichem Wetter. Uns hat’s jedenfalls gereicht.

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