Alpencross 2018 Tag 2

Etappe 2: Oberndorf – Kitzbüheler Horn – Fieberbrunn – Leogang
Länge: 45 km
Gesamtanstieg: 1000 Hm
Gesamtabstieg: 1750 Hm


Für knapp 100 EUR zu zweit erwarteten wir zumindest ein erstklassiges Frühstück. Doch die Enttäuschung war groß und man kann ohne Übertreibung sagen, dass wir eines der minderwertigsten Frühstücke unserer gesamten Tour hinunterwürgen mussten und von der „Alpenrose“ in Oberndorf gnadenlos abgezockt wurden. Doch wir ließen uns nicht entmutigen und freuten uns auf die bevorstehende Etappe, die uns ins Downhill-Mekka Leogang bringen sollte. Das Wetter war heute wieder sonnig und stabil, so konnte es weiter gehen!

Vorher radelten wir noch die paar Kilometer nach St. Johann in Tirol, um uns von der Harschbichlbahn auf den nächsten Berg transportieren zu lassen. Dort war jede dritte Gondel mit einer Fahrradhalterung versehen. Einen besonderen Andrang an Mountainbikern scheint es hier also nicht zu geben. Das scheint auch daran zu liegen, dass es an der Seilbahn nur einen offiziellen Bike-Trail gibt. Ansonsten ist der Berggipfel eher ein Familien-Freizeitgebiet.

30 Höhenmeter unterhalb des Harschbichl gelangten wir auf einen schmalen Pfad, der an einem steilen grasbewachsenen Hang entlang der Isohypse führte. Anfangs konnte man den Trail noch gut fahren, aber schon bald wurde er zunehmend unwegsam und steiler. Hier war vom Touristenrummel nichts mehr zu spüren, wir waren allein und konnten die herrliche Landschaft und den Fernblick in vollen Zügen genießen.

Wie so oft in den Bergen geht der Naturgenuss meistens mit größeren Anstrengungen einher. Nach einer Steigung machte der Trail eine scharfe Kehre und wir gelangten auf eine Anhöhe mit einem „Adlerhorst“ Ausblick. Natürlich handelte es sich nicht um einen echten Adlerhorst, sondern um eine menschengemachte Landmarke, die einen herrlichen Rundumblick auf das Kaisergebirge im Norden bis hin zu den Kitzbüheler Alpen im Süden bot.

Auch eine Herde von Kühen fühlte sich hier oben sichtlich wohl. Wir mussten erst durch die Erzeugnisse derer Verdauungssysteme waten, bevor sich der Pfad sacksteil weiter nach oben wand. Wir schulterten die duftenden Bikes – die kuhfladenverschmierten Stollenreifen links und rechts neben dem Ohr – und wanderten weiter gen Kitzbüheler Horn. Ganz zum Erstaunen einiger entgegenkommender Wanderer, welche die Sinnhaftigkeit unserer Aktion zwar anzweifelten, uns aber trotzdem viel Erfolg wünschten.

Nach einer anstrengenden Tragerei kamen wir gegen Mittag oben am Kitzbüheler Horn heraus. Der Aufstieg hatte uns eine Menge Zeit gekostet, viel mehr als geplant. Es war schon jetzt klar, dass wir das geplante Tagespensum nicht schaffen würden.

Oben am Gipfelhaus wütete eine Horde von Bauarbeitern mit schwerem Gerät, sie gruben, bohrten und meiselten den Fels ohne Pause. Wie es die vielen Touristen, die von der anderen Seite mit der Horngipfelbahn heraufgefahren waren und im Gipfelrestaurant ausharrten, bei dem ohrenbetäubenden Lärm aushalten konnten, war mir ein Rätsel. Unsere Leidensbereitschaft war jedenfalls nicht so hoch, deshalb furen wir schnellstmöglich ab und zweigten nach 200 Hm auf einen Wanderweg zur Hornköpflhütte ab.

Dort angekommen legten wir eine wohlverdiente Pause ein. Die Hütte war gemütlich, schön dekoriert und mit einer etwas eigenwilligen Musikbeschallung, aber immerhin fern des Baustellenlärms und mit einer sehr schönen Aussicht. Das Personal war freundlich und entspannt, die Gäste ebenso. Hier ließen wir uns nieder, bestellten etwas zum Trinken und genossen ausgiebig. Nach der ausgedehnten Erholung stiegen wir wieder auf den Sattel und die Abfahrt ging weiter, vorbei am Speichersee in Richtung Lämmerbichlalm.

Hier erwartete uns das zweite Trail-Highlight unserer Tour (nach dem Sun Trail). Zunächst war der Singletrail, der sich durch weite Almwiesen zog etwas technisch und steil, aber größtenteils gut zu fahren. Auf ca. 1600 m Höhe wurde daraus ein gerader flowiger Pfad, der bei sanftem Gefälle am Hang entlang bis zu einer geschotterten Almstraße führte. Mit Ausnahme von ein paar kleinen Gegenanstiegen konnte man die Strecke ausgezeichnet und zügig fahren.

Auf der Almstraße ging es wieder ein Stück bergauf bis zur bewirteten Lämmerbichlalm, doch der Gülle-Gestank war schon hier zu riechen, deshalb fuhren wir zügig weiter. Der Duft verschärfte sich noch extrem, als wir den darauffolgenden Hang hochfuhren. Links und rechts von uns waren die Almwiesen großflächig von der braunen Exkrementsuppe überzogen. Der Bauer war gerade fleißig dabei, den Güllebrei auf riesigen Almflächen zu verteilen.

Die Ausbringung von Gülle ist aus Sicht der Viehwirtschaft natürlich erwünscht, da das Wachstum vom Futtergras dadurch verstärkt wird, d.h. das Vieh hat mehr zum Fressen. Aus Umweltsicht ist die Aktion eine einzige Katastrophe. Durch die Düngung werden nicht nur die natürlichen Kräuter und Blumen auf Almen verdrängt, zusammen mit dem dazu gehörenden Ökosystem (Insekten, Vögel und andere Tiere). Außerdem wir das Grund- und Quellwasser großräumig regelrecht verseucht. Wer in dieser Gegend aus einer Quelle trinkt, muss durch das mit Kolibakterien vergiftete Wasser mit Durchfall und Schlimmeren rechnen. Insgesamt führt diese Düngung auch zu einem stark erhöhten Nitratgehalt im Trinkwasser.

Wir beeilten uns also, über den Lachtalalm-Sattel zu kommen, um dem Gestank zu entfliehen. Die folgende Abfahrt führte leider über eine Forststraße ins Tal. Ein Trail wäre uns lieber gewesen, den es aber in der Umgegend nicht gab. So ging es im hohen Tempo wenigstens ohne Verkehr durch das Pletzertal runter bis Fieberbrunn.

In Fieberbrunn angekommen war es schon Nachmittag, sodass wir endgültig zum Schluss kamen, die geplante Überquerung des Asitz-Berges nach Saalbach keinesfalls mehr zu versuchen. Wir hatten für den Aufstieg zum Kitzbüheler Horn einfach zu viel Zeit gebraucht. Da wir glücklicherweise flexibel waren, zwei Puffertage eingeplant hatten und nichts im Voraus gebucht hatten, fiel uns die Entscheidung leicht: Wir beschlossen, noch die 16 km bis Leogang zu radeln und dort den Tag zu beenden.

Dieser letzte Teil der Tagesetappe führte größtenteils über Radwege und Nebenstraßen, wir konnten also den Verkehr auf der stark befahrenen Hochkönig-Bundesstraße vollständig vermeiden. Ab Pfaffenschwendt fuhren wir parallel zur Bahnlinie durch Hochfilzen bis Hütten (Leogang). Mit der Asitzbahn in Sichtweite fanden wir eine kleine Pension, wo wir uns für eine Übernachtung mit Frühstück einquartieren konnten. In der urig-gemütlichen Bachmühle bekamen wir auch ein erstklassiges Abendessen (Wildburger) zu einem fairen Preis.

Der Aufstieg zum Kitzbüheler Horn war trotz der ungeplanten Anstrengung ein tolles Erlebnis gewesen. Auf jeden Fall ein landschaftliches Highlight, besonders bei gutem Wetter!

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