Alpencross 2018 Tag 1

Etappe 1: Kufstein – Brandstadl – Ehrenbachhöhe – Oberndorf
Länge: 50 km
Gesamtanstieg: 350 Hm
Gesamtabstieg: 2350 Hm


Die Vorfreude auf diesen Alpencross war groß, denn dieses Jahr hatte ich etwas ganz Neues vor. Ein bisher von mir unerreichtes Pensum von insgesamt etwa 24.000 Downhill-Höhenmetern stand auf dem Programm. Ich war sehr gespannt, ob das alles wie erhofft funktionieren würde. Ansich sind meine Planungen immer ziemlich gut, aber bei so vielen Variablen in der Rechnung ist die Unsicherheit etwas größer. Bis auf die Heimreise hatten wir nichts gebucht, die Biwak-Ausrüstung ist jedoch diesmal zuhause geblieben. Das hatte den angenehmen Nebeneffekt, dass der Rucksack mit 5,5 kg (ohne Wasser) ungewöhnlich leicht war.

Was meine körperliche Fitness anging machte ich mir überhaupt keine Sorgen. Einerseits stellte diese Transalp dank der vielen Seilbahnfahrten wirklich keine hohen Anforderungen an unsere Ausdauer. Ein Gesamtanstieg von 7000 Hm netto verteilt auf etwa 9 Etappen sollte selbst für einen schlecht trainierten Biker keine große Sache sein. Trotzdem hielt ich mich für ziemlich fit, da ich im Hinblick auf die geplante Alpenüberquerung zu Fuß, die im Sommer noch anstehen sollte, regelmäßig trainiert hatte. Besonders auf eine ausgewogene Oberkörper-Muskulatur hatte ich Wert gelegt, da uns das viele Downhill-Biken ziemlich fordern würde.

Mein Reisepartner Ralph und ich hatten unsere Enduro-Bikes noch rechtzeitig aufgerüstet und auf Vordermann gebracht. Somit hatte jeder von uns eine optimal auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Freeride-Waffe dabei. Meinem alten Lapierre Zesty 514 hatte ich durch diverse Upgrades wie Stahlfeder-Dämpfer, neue Bremsen und eine 1×11-Schaltung neues Leben eingehaucht und war nun begeistert von der Performanz dieses Boliden. Am Vorderrad hatte ich mich mit einem Continental Baron für maximalen Grip entschieden, während auf die hintere Felge ein Continental Trail King aufgezogen war. Dieses Setup müsste auch bei Nässe für ein sicheres Fahrverhalten sorgen, ohne den Rollwiderstand zu hoch werden zu lassen.

Genau zum Beginn unserer Reise war nach einer verregneten Woche das sonnige Wetter zurückgekehrt. Die Aussichten versprachen für die kommenden Tage weiterhin gutes Wetter. Alles schien perfekt zu laufen!

Los ging es in Kufstein, das wir nach einer 80-minütigen Bahnfahrt erreichten. Um nach Scheffau zu gelangen, ging es erst einmal eine steile Forststraße hoch. Wir wollten unter allen Umständen die enge und stark befahrene Eiberg-Bundesstraße vermeiden, die von Kufstein nach Söll bzw. Scheffau führt. Kurz vor dem Eiberg gelangten wir auf einen kurzen Singletrail, der schließlich den Gaisbach bei einer Hängebrücke querte. Dieser landschaftlich schöne Abstecher ließ uns jedoch zum ersten Mal die Bikes schultern, da der Pfad aus dem Gaisbachtal über sehr steile Stufen erklommen werden musste.

Oben angekommen nahmen wir die Forststraße bergab in Richtung Landstraße. Am Ende trafen wir noch auf einen Hangrutsch und mussten unsere Bikes durch wildes Gestrüpp und umgestürzte Bäume zerren. Nach einem unvermeidbaren 700 Meter langen Stück auf der Eibergstraße konnten wir wieder auf einen parallel verlaufenden Weg abzweigen, auf dem wir uns über Stockach bis Blaiken (Scheffau) hielten. Dort wartete die Talstation der Brandstadl-Bahn auf uns. Zur Mittagszeit überwanden wir somit 950 Höhenmeter und befanden uns auf 1640 m über dem Meeresspiegel.

Die Almen hier oben waren dank Seilbahnanbindung touristisch voll erschlossen. Das sollte sich auch im Tourverlauf als ein kleiner Nachteil herausstellen. Überall wo es Seilbahnen gibt, tummeln sich auch massenweise Bergtouristen und man fühlt sich (besonders am Wochenende) teils wie auf dem Rummelplatz. Das ist eigentlich keine große Überraschung. Man muss sich eben darauf einstellen, dass es dann mit der Ruhe auf dem Berg vorbei ist. Dennoch konnten wir bei schönem Wetter einen wunderschönen Blick auf das Kaisergebirge genießen.

Wir fuhren die Forststraße vorbei an der Tanzbodenalm ab, jedoch in stark gemäßigten Tempo, da jede Menge Spaziergänger unterwegs waren. Dann ging es hoch auf den Eiberg zur Jochstubn, die direkt an einem Speichersee liegt, der im Winter zur Beschneiung der Skighänge verwendet wird. Im Sommer jedoch tummelten sich Segelboote auf dem See! Begleitet von pseudotypischer Almmusik bot diese Szenerie ein dermaßen skurriles Schauspiel, dass ich kurz dachte ich träume. Wer kommt auf die Idee, Segelboote auf einen Berggipfel zu schaffen??

Egal, nun ging es wieder auf einer Forststraße hinunter bis auf 1350 m. Der Trailhead des Sun-Trails ist hier kaum zu übersehen. Ein riesiges Schild weist auf den speziell für Mountainbiker angelegten Flowtrail hin, der etwa 500 Höhenmeter in vielen Kurven durch den Wald führt. Der Trail ist flowig und überhaupt nicht schwierig, macht aber trotzdem Spaß. Am Ende gibt es sogar ein paar Tables, bei denen man mit höherer Geschwindigkeit kleine Sprünge hinlegen kann.

Schon bald kommt man unten an der Brixentalstraße heraus. Der folgt man 3 km nach Osten, bevor man dem Verkehr wieder den Rücken kehren und auf eine wenig befahrene Nebenstraße entlang der Bahnlinie ausweichen kann. Nach kurzer Zeit erreichten wir Kirchberg in Tirol und dann die Fleckalmbahn. Auch hier klappte der Fahrradtransport unkompliziert und kurze Zeit später standen wir auf der 1750 m hohen Ehrenbachhöhe. Während wir 2016 beim Dolomitencross von hier aus nach Süden zum Schwarzkogel und Wildkogel gefahren sind, sollte es dieses Jahr über den Hahnenkamm direkt hinunter nach Kitzbühel gehen.

Nach einer kurzen Pause an der Alm wollten wir also genau dort hinunter, wo sich die weltbekannte und berüchtigte Skirennpiste „Hahnenkammabfahrt“ befindet. Im Nachhinein betrachtet war dies keine optimale Routenwahl gewesen. Denn einerseits kann man da fast nur auf Forststraßen abfahren, andererseits sind die meisten Wege für Mountainbiker gesperrt. Da wäre es sinnvoller gewesen, den Fleckalmtrail abzufahren und den Radweg nach Kitzbühel zu nehmen. Vielleicht gibt es ja auch andere Möglichkeiten, die ich aber nicht kannte. Doch nun waren wir schon hier, also blieb uns nichts anderes übrig als die Bikeverbote zu übersehen und uns einen Weg ins Tal zu suchen.

Zunächst ging es im Zickzack auf einem gepflasterten Weg einen Steilhang hinunter. Darauf folgte eine Forststraßenstrecke bis zur Seidlalm. Ein kurzes Stück unterhalb der Alm gelangt man tatsächlich auf einen guten Singletrail, doch ständig versperrten Gatter den Weg und man musste jedesmal absteigen und sich durch einen engen Durchgang zwängen. Nach dieser relativ sinnlosen Aktion kamen wir gegen 16:00 Uhr in Kitzbühel an und wollten noch bis Oberndorf fahren, um dort ein Quartier zu suchen.

Auf einem landschaftlich schönen Radweg fuhren wir nordwärts an den Zielort unserer heutigen Etappe. Soweit hatte zeitlich alles gut funktioniert. In Oberndorf war es unerwartet schwierig, ein Zimmer zu finden. Schließlich fanden wir eine Pension „Alpenrose“ , die sich dazu herablassen wollte, uns für eine Nacht aufzunehmen. 47 Euro pro Person war zwar für ein simples Privatzimmer ein fast unverschämter Preis, aber mangels Alternativen mussten wir in den saueren Apfel beißen. Immerhin gab es fast nebenan eine gute Pizzeria.

Das Resumee des Tages fiel in Bezug auf die Trails eher mittelmäßig aus. Der Fahrradtransport mit den Seilbahnen war sehr unkompliziert, aber ein gutes Netz an Naturtrails war leider Fehlanzeige gewesen. Zukünftig würde ich eher andere Routen bevorzugen. Während die Aussichten wirklich schön waren, war das Naturerlebnis in den Bergen aufgrund des Massentourismus ebenfalls begrenzt. Es gibt noch Raum für Steigerungen!

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert