Alpencross 2017 Tag 7

Etappe 7: San Lorenzo – Dasindo – Treni – Arco – Torbole
Länge: 37 km
Gesamtanstieg: 790 Hm
Gesamtabstieg: 1450 Hm


Es war soweit! Die finale Etappe unseres Vater-Sohn-Alpencross begann. Der letzte Tag einer großen und abenteuerlichen Mountainbike-Reise stand bevor. In der Nacht waren noch einmal Gewitter und Regenfälle niedergegangen und wir waren froh, ein Dach über dem Kopf zu haben. Am Frühstücksbuffet im Hotel schlugen wir noch einmal richtig zu. Wurst, Käse, Croissants, Müsli, Joghurt… wir ließen es uns richtig schmecken. Im Guidicarie-Tal lag noch der Nebel, als wir unsere Bikes aus dem abgesperrten Keller holten. Im Dorfbrunnen füllten wir Wasserflasche und Wasserschlauch, denn heute würde wieder ein heißer Tag werden.

Die folgenden Kilometer waren gekennzeichnet durch wechselnde Abfahrten und Anstiege. Kurz vor Andogno wollten wir dem auf der Karte eingezeichneten Trail folgen, doch der war im Dickicht nirgends zu finden. Wir improvisierten und nahmen einen alternativen Weg, der uns nach kurzer Zeit wieder auf die geplante Route brachte.

Wir waren fit, motiviert und guter Dinge und freuten uns schon sehr auf unser Ziel, den Gardasee! Doch vorher musste noch Einiges geleistet werden. Weder Seilbahn noch Bus würden uns heute unterstützen, wir mussten die 800 Höhenmeter aus eigener Kraft schaffen. Doch die Gesamtstrecke von nur 40 km war überschaubar, inzwischen war diese Distanz auch für meinen Jungen keine große Sache mehr.

Nach einem Anstieg erreichten wir den Dos da Doa, wo wir im Schatten eine Pause einlegten. Diese währte jedoch nicht lange, da uns unzählige lästige Stechmücken Ärger bereiteten. Also ging es mit etlichen Mückenstichen an Armen und Beinen weiter auf einem Karrenweg abwärts nach Villa Banale.

Nach der Durchquerung des kleines Ortes wäre es laut meiner Planung eigentlich 2 km entlang der Straße nach Ponte Arche gegangen. Ich entdeckte aber eine Wegerl, das parallel dazu verlief und entschied mich spontan zu einer kleinen Routenänderung, um den Verkehr zu vermeiden. Die Entscheidung war goldrichtig gewesen, denn nun konnten wir auf einem ruhigen Forstweg ganz ohne Autos und Abgase bis nach Ponte Arche abrollen. Ponte Arche ist Dank seiner Nähe zu den Thermen von Comano eine Art Kurort, der direkt am Fluss Sarca liegt. Zwischen Campo Lomaso und Dasindo durchquerten wir in der Mittagshitze große Maisfelder.

Kurz darauf erreichten wir das verschlafene Örtchen Dasindo mit seiner schönen Kirche. Dann nahmen wir die verlassene Straße östlich des Steilhanges vom Monte Misone ins Val Lomasone.

Die Straße im Val Lomasone ist flach und kaum befahren. Nur der Bauer der Malga Lomasone und Besucher des Klettergebiets fahren hier gelegentlich entlang. Uns begegnete kein einziges Auto. Kurz vor dem Klettergarten, der mehr als 80 gesicherte Routen unterschiedlicher Schwierigkeit vorzuweisen hat, endete der Asphalt und es ging auf Schotter in teils dschungelartigen Wäldern weiter.

Damit begann auch der letzte steile Anstieg unserer Transalp. Gejagt von Stechmücken schoben wir unsere Bikes durch den dichten Wald nach oben. Dieser Anstieg kostete noch einmal viel Kraft und dank der Massen an Moskitos auch einige Nerven. Ich hatte schon mit dieser Plage gerechnet, denn der dicht bewachsene Nordhang bietet ein ideales Nistgebiet für Stechviecher aller Art, ganz besonders nach den vielen Niederschlägen der vergangenen Tage. Ich hatte Fenistil zum Behandeln der Einstiche dabei, Autan wäre aber bestimmt auch eine gute Idee gewesen.

Am Prà della Vespana lichtete sich der Wald und wir mussten nur noch ein Stück weiter bis Treni, dann hatten wir es geschafft. Fast. Denn nach Treni mussten wir nochmal 100 Hm die Straße hoch, bis wir den höchsten Punkt dieser Etappe erreichten. (Ich entdeckte erst jetzt, dass mein Navi den höchsten Punkt durch ein Symbol anzeigte.) Dort trafen wir eine Gruppe von netten Mountainbikern, mit denen wir uns kurz unterhielten. Auch sie wollten nach Arco abfahren, aber wohl auf einer anderen Route.

Nach etwa 1,5 km Asphaltabfahrt zweigt links ein kaum sichtbarer schmaler Pfad von der Straße ab und verschwindet im Dickicht. Das war der Lanzola-Trail (das ist kein offizieller Name, sondern meine Namensgebung), den ich zuhause auf der Karte gefunden hatte und dachte, vielleicht ließe sich der gut biken. Denn ganz sicher wollte ich die letzte Abfahrt nicht komplett auf Asphalt zurücklegen! Es war ein Trailexperiment, und nach wenigen Metern stellte sich heraus, dass es geglückt war! Der Lanzola-Trail schlängelt sich über Fels- und Wurzelstufen teilweise recht steil durch den dichten Wald. Enduro-Biken vom Feinsten!

Etwa 350 Höhenmeter geht es auf dem Singletrail bergab, bis er kurz nach Lanzola auf einem schmalen Schotter-/Betonsträßchen endet. Unterwegs hatten wir die erste richtige Aussicht auf unser Ziel: den Gardasee! Unter uns lag Riva del Garda. Es ist jedesmal wieder ein gigantisches Gefühl, nach all den Tagen und harten Trails sein Ziel vor sich liegen zu sehen! Der See schien nun in greifbarer Nähe.

Über verkehrslose kleine Wege düsten wir weiter talwärts, wobei sich die erste und einzige Panne unseres Alpencross ereignete: Mein Sohn hatte sich im Vorderreifen einen 1 cm langen Dorn eingefahren. Das Problem war schnell behoben: Dorn aus dem Reifen entfernt, Schlauch gewechselt, mit der Mini-Pumpe aufgepumpt, fertig. Der kleine Weg wand sich weiter steil und bremsbelagvernichtend hinunter bis Arco. Hier bot sich uns ein toller Blick auf die Ruinen der mittelalterlichen Burg Arco. Diese war vor langer Zeit der Mittelpunkt von Streitigkeiten zwischen Parteien aus Verona, Tirol, Frankreich, Bayern und Mailand gewesen. 1495 erstellte sogar Albrecht Dürer ein Gemälde der Stadt mitsamt noch intakter Burg.

Wir durchquerten Arco in östlicher Richtung bis zur Sarca, dann ging es flott auf dem Radweg nach Torbole. Mein Sohn fuhr vorne und gab das Tempo vor, ich gab von Hinten ab und zu Abbiegehinweise. So handhabten wir das übrigens sehr oft auf dem Alpencross, denn erstens ist es angenehmer für den Jungen, nicht ständig einen großen Erwachsenen vor der Nase zu haben. Und zweitens kann er dann die Fahrgeschwindigkeit bestimmen, ohne das Gefühl zu haben, jemandem hinterherhetzen zu müssen.

Kurz vor 15:00 Uhr erreichten wir verschwitzt das nördliche Seeufer. Wir hatten es geschafft!!!

Mein junger Begleiter ließ erst einmal alles auf sich wirken. Das Rauschen der Wellen, die Sonne, der frische Wind, die Palmen, die umliegenden hohen Berge. Trotz der vielen Touristen im August ist das einer der besten Orte, um eine Transalp abzuschließen! Dann hielt es uns nicht länger und wir stürzten uns in die kühlen Fluten. Was für ein Gefühl!

Nachdem wir eine zeitlang die Surfer beobachtet hatten und wir zwischenzeitlich von der Sonne getrocknet wurden, bezogen wir unser Quartier, duschten noch einmal und machten uns dann auf zur besten Pizzeria in Torbole. Wir genossen die knusprigen herrlichen Riesenteile, die nicht einmal auf die großen Teller passten. Danach gönnten wir uns noch ein Eis und einen Abendspaziergang am See.

Die Hihglights der letzten Etappe waren:

  • Der überraschend coole Lanzola-Singletrail (technisch, schwierig, schmal und steinig)
  • Die Ankunft und das Bad im Gardasee (es gibt nichts Besseres nach einem Alpencross)
  • Die besten Pizzen der Welt im Al Porto (die Leute stehen 20 Meter Schlange für einen Tisch)

Bis zur Abreise hatten wir noch zwei volle Tage am Lago. Mein Sohn wollte schon lange die Trails am Gardasee austesten, und so sollten die beiden Tage nicht ungenutzt bleiben. Als erstes ließen wir uns von Luca zum Tremalzo hochshutteln und genossen eine der längsten und schönsten Abfahrten am Gardasee. Die klassische Tremalzo-Strecke bietet unterschiedlichste Bike-Erlebnisse, von einer holprigen steinigen Militärstraße über Forstwege und flowige Singletrails bis hin zu einer anspruchsvollen Wurzel- und Felsabfahrt am Ende. Aufgrund des Bike-Geschickes meines Jungen entschied ich mich im letzten Teil für die Bachbett-Abfahrt von der Malga Palaer nach Pregasina. Diese Variante ist besonders anspruchsvoll und er konnte noch einmal zeigen, was er drauf hat.

Am zweiten Seetag nahmen wir das Shuttle zum Skull Trail. Da es nachts stark geregnet hatte war der Skull wegen des erdigen Bodens und unserer ungeeigneten Bereifung keine gute Idee, und somit schlug ich den Sentiero 601 vor. Der war größtenteils felsig und jedenfalls weniger rutschig, als die Downhillstrecke im Wald. Es zeigte sich, dass der 601er dennoch äußerst schwierig zu fahren war, besonders für mich. Durch den immer noch etwas feuchten Untergrund setzte sich Dreck zwischen den Stollen fest, und meine Reifen (vorne ein 2 Jahre alter Schwalbe Nobby Nic und hinten ein Continental XKing) waren völlig ungeeignet. Mein Sohn war mit neuwertigen Continental Trail King glücklicherweise besser ausgestattet. So kam es, dass er bis auf zwei kurze Stücke alles gefahren ist (der Verrückte!), während ich meine Schwierigkeiten mit der elenden Rutscherei auf dem Fels hatte.

Dieser untere Teil des 601 ist höchst schwierig und anspruchsvoll, es ist einer der schwersten Trails am Gardasee. Mein Sohn wollte die Strecke schon lange unbedingt fahren, besonders nachdem er mein Video gesehen hatte. Ich war froh, ihm diesen Wunsch nun erfüllen zu können, besonders da er ohne einen Sturz richtig gute Freeride-Technik zeigte. Für solch schwere Abfahrten sollte man trockenes Wetter abwarten und eine ordentliche Bereifung mit viel Grip verwenden.

Auf der Heimreise am Bahnhof von Rovereto haben wir noch einen Vater mit seiner 15-jährigen Tochter aus München getroffen, die ebenfalls eine Transalp hinter sich gebracht haben. Sie waren sogar mit Camping-Ausrüstung und einem kleinen Anhänger unterwegs, was ich sehr cool fand! Leider hatten wir nur wenig Zeit zum Plaudern, weil die beiden keine Reservierung für den EC hatten und deshalb mit Regionalexpress über den Brenner nach Österreich fahren mussten. Ich hoffe sie sind gut in München angekommen, denn ich weiß nur zu gut, wie lange sich eine solche Fahrt mit dem Bummelzug hinzieht. Viele herzliche Grüße an die zwei, falls sie einmal durch Zufall über diesen Reisebericht stolpern sollten!

Fazit

In erster Linie interessiert natürlich, wie das erste Alpencross-Abenteuer aus Sicht des Sohnes verlaufen ist. Hier sein Feedback:

Es war anstrengend, aber es hat Spaß gemacht und sich gelohnt. Die Anstrengungen haben sich durch coole Trailabfahrten ausgezahlt. Die Reise kam mir kurz vor, aber wir haben viel in der Zeit erlebt. Ich möchte das auf jeden Fall noch einmal machen und insgesamt öfter Mountainbiken und Downhillbiken gehen. Man muss als Mountainbiker unbedingt einmal einen Alpencross gemacht haben.

Aus meiner Sicht war der Alpencross ebenfalls auf jeden Fall gelungen! Auch wenn die Buchung der Unterkünfte vorab etwas kompliziert war, hat alles super geklappt. Die kurzfristige Planänderung aufgrund des Schlechtwettertages ist einwandfrei verlaufen und hat den Erelebnisfaktor nicht spürbar gemindert. Es war eine gute Entscheidung gewesen, den einen Tag in Sulden auszusitzen. Das Wetter war ansonsten sehr gut, die Regenhosen haben wir überhaupt nicht gebraucht. Meine anfängliche Sorge , im schlimmsten Fall mehrere Tage durch den Regen fahren zu müssen, ist zum Glück nicht eingetroffen. Dann hätte die Transalp wesentlich weniger Spaß gemacht.

Die Wahl der Route war aus meiner Sicht ideal, denn ich konnte dem Jungen fantastische Trailerlebnisse bieten, ohne dass er sich jeden Tag extrem quälen musste. Es war mein Ziel, ihn in kleinen Schritten an das Abenteuer Transalp heranzuführen. Je älter er wird, desto mehr kann man sich steigern. Am wenigsten gefallen haben ihm die langen ebenen Radwege, wie z.B. die Strecke zwischen Imst und Zams und der Radweg von Latsch nach Meran. Aber das gehört eben auch dazu. Ohne den verlorenen Regentag hätte ich in Latsch noch die Seilbahn nach St. Martin eingebaut, was für eine weitere coole Downhill-Abfahrt gesorgt und ein ganzes Stück Radweg vermieden hätte. Die Nutzung der Seilbahnen war jedenfalls eine sehr gute Idee gewesen, besonders weil wir beide lieber anspruchsvolle Trails statt langweilige Wege fahren. Dadurch konnte ich ein Maximum an Trailspaß in die Transalp packen und wir sind bei einem Gesamtanstieg von nur 6.000 Hm auf insgesamt 13.000 Downhill-Hm gekommen.

Es ist wichtig, dass man besonders bei Nutzung von Transportmitteln, bei denen man sich in Bezug auf die Fahrradmitnahme unsicher ist, Alternativen einplant. Wenn eine Mitnahme im Bus oder der Seilbahn nicht klappen sollte, muss man eine Ausweichroute in Petto haben, um nicht ratlos dazustehen.

Unsere Ausrüstung war top, eigentlich hat nichts gefehlt. Eventuell hätte man Autan mitnehmen können, aber so schlimm war es mit den Stechmücken auch wieder nicht. Was wir anfangs vermisst haben war ein Stück Seife. Ich hatte damit gerechnet, dass in den Pensionen die typische Hotelseife ausliegt, aber offenbar wurden hier in ganz Österreich und Italien Sparmaßnahmen getroffen. In Hotels gibt es wie gewohnt die kleinen Seifenstückchen. Ich habe sowas sonst immer dabei, dachte aber, ich würde es diesmal nicht brauchen. Das Fahrraschloss hätten wir nicht unbedingt gebraucht. Die Unterkünfte hatten alle einen abschließbaren Raum für die Bikes. Das Rucksackgewicht war erfreulich niedrig. Mein Sohn hatte nur 3 kg am Rücken und war dadurch überhaupt nicht im Fahren behindert. Mein 7 kg Gepäck war auch leichter als sonst und bereitete mir überhaupt keine Schwierigkeiten.

Pannen hatten wir ebenfalls keine, abgesehen von einem Plattfuß am letzten Tag, der aber leicht behoben werden konnte. Es ist absolut wichtig, mit einem gut gewarteten Bike loszufahren. So konnte ich kurz vor unserer Reise noch zwei kleine Mängel am Bike meines Sohnes finden und beheben. Unterwegs mussten bei mir die Bremsbeläge gewechselt werden (das ist auf jedem Alpencross so), bei meinem Sohn war die Abnutzung aufgrund seines wesentlich niedrigen Gewichts viel geringer und seine Beläge sind heute noch gut. Trotzdem dürfen Ersatzbeläge in keinem Alpencrossgepäck fehlen.

Die Rückreise hat super geklappt. Es ist besonders wichtig, diese rechtzeitig zu buchen, egal ob man per Bahn oder per Shuttle zurück nach Deutschland fährt. Die Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln ist nicht immer unkompliziert.

Die Gesamtkosten des Alpencross-Abenteuers beliefen sich auf ca. 1000 EUR für einen Erwachsenen und ein Kind. Dies beinhaltet:

  • 110 EUR für die Bahnfahrten von München nach Füssen und die Rückreise von Rovereto nach München
  • 105 EUR für insgesamt 5 Seilbahnfahrten
  • 50 EUR für öffentliche Verkehrsmittel während der Tour
  • 425 EUR für Übernachtungen (mit Frühstück)
  • 250 EUR für Abendessen in Restaurants
  • 60 EUR für Bike-Shuttle am Gardasee

Spezielle Unterkünfte möchte ich nicht empfehlen, man muss einfach sehen was man findet und welche Preisklasse man bevorzugt.

Ich denke das wird nicht unser letzter gemeinsamer Alpencross gewesen sein. Eventuell werden wir das Abenteuer in ein oder zwei Jahren wiederholen, dann natürlich auf einer anderen Route. Ich kann andere Eltern mit MTB-begeisterten Kindern nur empfehlen, so etwas auch einmal zu versuchen!

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2 Antworten

  1. Daniel sagt:

    Danke für diese tollen Eindrücke! Nachdem ich das Video gesehen habe, habe ich eure schriftlichen Eindrücke des Alpencross nochmals sehr genossen. Mein Sohn ist erst knapp 3 Jahre alt, hat aber schon jetzt den größten Spaß mit seinem Laufrad auf schottrigen Wegen.
    So habe ich schon ein Ziel, auf das ich mich jetzt 10 Jahre lang freuen kann.

    • Gletschersau sagt:

      Ich drücke euch die Daumen, dass es klappt! Wenn sich dein Sohn als Teenager dafür begeistern kann, stehen euch tolle Abenteuer bevor.

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