Alpencross 2010 Tag 5

Etappe 5: Tarscher Alm – Tarscher Joch – Ultental – Rabbijoch – Mále – Dimaro
Länge: 56 km
Steigung: 2120 Hm


Einerseits war es eine gute Entscheidung gewesen, in der Alm zu übernachten. Denn nachts ging ein heftiges Gewitter mit starken Regenschauern nieder. Doch nun folgt das Hütten-Horrorerlebnis Nummer 2: Mit nur zwei Wanderern musste ich mir das Matratzenlager teilen. Einer davon war – der Leser wird es bereits erraten haben – ein Schnarcher allerschlimmster Sorte. Die lang gezogenen knatternd-röchelnd-grunzenden Geräusche, die den Raum in einen akustischen Höllenschlund verwandelten, waren geradezu unmenschlich. In meiner Verzweiflung, und um einem Gewaltverbrechen vorzubeugen, ging ich noch einmal hinunter zur Wirtin, um ihr mein Problem darzulegen. Ich äußerte sogar meine Bereitschaft, notfalls im Stall zu übernachten. Die Wirtin hatte jedoch Verständnis und bot mir eine Ausweichkammer an. Mein ausdrücklicher Dank geht hier an diese liebe Wirtin, denn dank ihr habe ich wie ein Baby geschlafen! Überhaupt kann man sich auf der Tarscher Alm sehr wohl fühlen, denn die Wirtsleute sind ausgesprochen freundlich und sorgen gleichermaßen für ordentliche Verpflegung und gute Stimmung.

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Nach einem hervorragenden rustikalen Frühstück zog ich zusammen mit den beiden anderen Alpencrossern (die eine eigene Kammer reserviert hatten) gestärkt los. Der Weg in Richtung Tarscher Joch musste größtenteils geschoben werden. Auf dem letzten Kilometer nach oben empfiehlt es sich, das Bike zu tragen. Die Fernsicht war dank des Gewitters in der letzten Nacht gigantisch! Es hatte jedoch auch aufgrund einer Kaltfront ziemlich abgekühlt.

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Wir waren froh, endlich oben angekommen zu sein. Oben am Tarscher Joch pfiff ein recht kühler Wind. Es folgte das obligatorische Foto am Gipfelkreuz. Dann zog sich der Weg noch über eine kleine Hochebene bis zum Tarscher Pass, bevor er in den Trail mündete, der hinunter zur Kuppelwieser Alm führte. Hier trennten sich unsere Wege wieder, da ich den S3-Trail talwärts größtenteils gefahren bin und somit die beiden anderen Alpencrosser schnell aus den Augen verloren habe. Der ca. 1 km lange Trail ist recht anspruchsvoll, aber für den geübten Biker bis auf ein paar kurze Stellen fahrbar, und er hat mir eine Menge Spaß gemacht. So stelle ich mir meine Transalp-Trails vor!

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Weiter unten mündet der Singletrail in eine Schotterstraße, die sich in Serpentinen hinunter zur Kuppelwieser Alm windet. Trailbiker, aufgepasst! Jetzt nicht weiter der Straße folgen, sondern direkt bei der Alm links auf den Pfad in Richtung Steinrast abbiegen! Hier kam ich noch einmal in den Genuss eines teilweise flowigen S2-Wald-Wurzel-Wiesentrails, den ich ungern verpasst hätte.

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Der Trail endete dann leider an einer Asphaltstraße, der ich noch ca. 700 m bis zur Steinrastalm folgte. Direkt gegenüber der Steinrastalm zweigt jedoch ein Schotterweg rechts ab, den man ebenfalls nicht versäumen sollte. Während nämlich die Straße bis hinunter nach Kuppelwies ins Ultental führt, durch das man dann wieder entlang der unangenehmen Bundesstraße nach oben bis St. Gertraud fahren müsste, führt der besagte Weg parallel dazu bis St. Moriz etwa 500 Höhenmeter oberhalb des Ultentals, und schlängelt sich dann sanft abfallend entlang dem Ultental hinunter bis St. Gertraud. Und das praktisch ohne Verkehr.

Bis St. Moritz habe ich den Weg noch problemlos gefunden. Doch mangels Navi habe ich mich dann irgendwo auf Höhe von St. Nikolaus verfahren. Der erste Weg endete im Nichts, und ich musste mein Bike wieder ein ganzes Stück einen steilen Hang hinaufschieben. Dann bin ich dem Ultner Höfeweg gefolgt und irgendwo in St. Nikolaus rausgekommen. Das war ärgerlich, denn nun musste ich doch noch 5 km die Bundesstraße bis St. Gertraud hochfahren, was ich eigentlich vermeiden wollte.

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In St. Gertraud angekommen, war ich einigermaßen erledigt. Das Wetter war bewölkt und kühl, und meine Stimmung nach dieser letzten Straßenfahrt nicht die beste. Jeder Alpencrosser kennt diesen Moment, in dem man einfach die Nase voll hat. Dies war einer! Egal, ich hatte mir die Suppe eingebrockt und jetzt musste ich das Rabbijoch auch auslöffeln. Es war erst 13:00 Uhr und das Joch würde ich heute auf jeden Fall noch irgendwie schaffen. Also bin ich wieder in den Sattel gestiegen und dem nicht verfehlbaren Schotterweg hoch durchs Kirchbergtal gefolgt.

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Es lief dann vorerst doch besser als erwartet. Die rund 5 km bis zur Kirchbergalm konnte ich bei mäßiger Steigung gemütlich hochfahren. Danach wurde es steil. Von der Kirchbergalm aus schob ich die meiste Zeit. Ab der Bärhappalm wurde der Weg schwieriger. Meine Energiereserven waren inzwischen ziemlich verbraucht und ich musste ein paar kurze Pausen einlegen, zumal ich seit dem Frühstück nichts gegessen hatte. Ich hätte wohl in St. Getraud die Gelegenheit für eine Mahlzeit nutzen sollen. Es war nun Zeit für zwei meiner selbstgemachten Müsliriegel, die mich schon öfter in Notfällen mit Energie versorgt hatten.

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Als ich endlich das Rabbijoch erreicht hatte, war ich denkbar erleichtert. Ich genoss die gigantische Fernsicht, doch der kühle Wind zwang mich bald wieder in den Sattel. Ein kurzes Wegstück unter mir lag die Haselgruber Hütte, bei der ich jedoch nicht Halt machen würde. Heute ging es noch auf einem hoffentlich anspruchsvollen Singletrail hinunter ins Rabbital. Meine Lebensgeister kehrten wieder zurück, und ich war bereit für den bevorstehenden Downhill!

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Der Trail ab der Haselgruber Hütte schlängelt sich erst ein kurzes Stück entspannt auf S1-Niveau am Hang entlang. Dann zweigt ein extrem steiler erdig-steiniger Weg rechts ab. Sattel niedriger stellen und hinunter! Bremsend und rutschend tastete ich mich langsam das extreme Gefälle hinunter. Mit jedem Höhenmeter den ich zurücklegte wurde es wärmer.

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Bald mündete dieser Steilhang in einen anspruchsvollen stufigen S2-Trail, der durch den Wald über Wurzeln bis auf eine Schotterstraße führte. Hier hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man folgt der Schotterstraße, die sich in Serpentinen bis nach Piazzola (Rabbi) schlängelt, oder man überquert die Straße und nimmt den Wanderweg. Mangels Navi und der damit verbundenen Orientierungslosigkeit entschied ich mich dummerweise für die Schotterstraße. Im Nachhinein würde ich jedem Trailbiker unbedingt den Wanderweg empfehlen. Auf der langen Abfahrt musste ich mehrmals anhalten, um meine glühendheißen Bremsscheiben abkühlen zu lassen.

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Über die nun folgende Teilstrecke gibt es wenig Interessantes zu berichten. Ich folgte dem Rabbital hinunter bis nach Mále. Leider gibt es hier keine Alternativen zur Bundesstraße. In diesem Fall ist das jedoch nicht sehr schlimm, da die Straße recht übersichtlich und tunnelfrei ist, und man mit etwa 60-70 km/h bei ständigem Gefälle bis nach Mále quasi im Verkehrsfluss düsen kann. Unterwegs versuchte ich mehrmals in Ortschaften etwas Essbares zu bekommen, jedoch ohne Erfolg. Supermärkte hatten zu und Restaurants hielten Siesta. In Mále fand ich nach langem Suchen glücklicherweise eine Pizzeria, die nachmittags geöffnet hatte (in italienischen Kleinstädten eine Seltenheit!) und konnte meinen Energiespeicher füllen. Dann ging es auf unspektakulären Wegen weiter bis Dimaro, von wo aus ich dem Dolomiti di Brenta Bike Radweg folgte. Kurz hinter Dimaro im Meledrino-Tal habe ich dann direkt am Gebirgsbach mein Nachtlager aufgeschlagen. Beim Waschen im Gebirgsbach bin ich dummerweise ausgerutscht und stand mit einem Fuß im Wasser. Es hilft auch der wasserdichteste Schuh nichts, wenn man bis zum Knie im kühlen Nass steht. Na toll!

Naja, der Schuh hatte über Nacht Zeit zu trocknen, und ich hatte Zeit über der morgigen Route zu brüten. Besonders seit Mále hatte ich vermehrt Schwierigkeiten, die richtige Route zu finden. Mein Kartenmaterial war ungenau, die Beschilderung war schlecht bis nicht vorhanden. Wieder wurde ich schmerzhaft an den Verlust meines Navis erinnert. Ich legte also meinen Plan, einen Abstecher in die Brenta zu machen, zu den Akten und beschloss erst einmal weiter auf dem Dolomiti di Brenta Bike Trail zu fahren.

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