Alpencross 2013 Tag 5

Etappe 5: Weissensee – Naggler Nock – Hermagor – Achomitzer Berg – Ratece
Länge: 70 km
Steigung: 1950 Hm


Ich hatte einen tiefen ruhigen Schlaf und wachte frisch und erholt auf. Mein Magen brüllte wie eine Herde Elefanten, hatte ich doch gestern nach dem Frühstück praktisch nichts mehr gegessen, außer einen Müsliriegel unterwegs und etwas Dörrfleisch am Abend. Das Frühstücksbuffet würde nun sein Sättigungspotential unter Beweis stellen müssen. Und es sollte mich nicht enttäuschen! Ich wurde überrascht durch eine große Vielfalt von hochwertigen Wurst- und Käsewaren, frisches Gebäck, Semmeln und Brot, gerösteten Speck, Ei, diverse Sorten von Müsli und Cornflakes und vieles mehr. Viele waren sogar biologische Erzeugnisse. Nach etwa 6 Gängen hatte ich mich mehrfach durch meine Favoriten gefrühstückt und war so gesättigt, wie seit Tourbeginn nicht mehr. Nach einer Verdauungspause im Bett packte ich schließlich meinen Rucksack und entrichtete ohne Reue den Entschädigungsbeitrag von 65 Euro. Ich muss gestehen… Ein gewisser Übernachtungskomfort trägt schon sehr zur Erholung und Regeneration bei. Dann schwang ich mich auf’s Radl und kämpfte mich hoch auf das Naggler Nock (1360 m).

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Oben in der Gegend der Naggler Alm gibt es sogar eine Art Mountainbike-Parcour. Dort wurden verschiedene Stationen mit Holzaufbauten errichtet, wo man unter Anleitung seine Fahrtechnik trainieren kann. Eine tolle Idee! Fehlen nur die Mountainbiker. Aber vielleicht ist hier in der Ferienzeit ja mehr los. Bei der Abfahrt sollte man nicht einfach die Forststraße runterrasen, sondern auf den Wanderweg nach St. Lorenzen abzweigen, der ausgeschildert ist. Dabei handelt es sich nämlich um einen genialen Waldtrail, der teilweise sogar anspruchsvoll zu fahren ist.

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Von St. Lorenzen fuhr ich auf einer kaum befahrenen Nebenstraße im Gitschtal über weite Wiesen nach Jadersdorf. Dann zweigt man ab auf den Rupertiweg. Dieser Weg ist sehr empfehlenswert. Er führt einsam durch ein landschaftlich sehr schönes Tal entlang eines Bachlaufes bis direkt nach Hermagor.

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In Hermagor bin ich hinunter zum Fluss Gail gefahren, dem ich etwa 15 km weit auf einem Radweg bis Vorderberg gefolgt bin. Die Strecke verläuft immer direkt neben dem Fluss entlang und ist für den Autoverkehr gesperrt. Hier kann man gut radeln und ich habe relativ flott Vorderberg erreicht.

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Nun wollte ich den zweiten Gipfel des Tages in Angriff nehmen. Der Weg über den Achomitzer Berg würde mich für kurze Zeit nach Italien bringen, bevor es weiter nach Slowenien ging. Von meinem nächsten Übernachtungsplatz hatte ich noch keine Vorstellungen. Ich würde je nach Situation entscheiden.

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Die Forststraße von Vorderberg hoch zur Werbutzalm war meistens so steil, dass ich das Bike schieben musste. Die Hitze war drückend und auch das Wasser ging mir wieder einmal zur Neige. Ich war mit 2 Litern im Rucksack losgefahren. Ich hätte meinen zweiten Wasserbeutel besser auch gefüllt, denn Brunnen gab es wieder einmal weit und breit keinen. Auf halber Höhe kam ein Rinnsal aus einem Rohr an der Böschung gelaufen. Eine Quelle? Sah irgendwie ziemlich improvisiert aus. Ich ging das Risiko ein und trank ausgiebig, füllte aber meinen Trinkschlauch lieber nicht auf. Über die Gailtaler Alpen zogen inzwischen dunkle Gewitterwolken und ein dumpfes Donnergrollen war in der Ferne zu hören. Mist! Auch das noch! Ich erhöhte mein Tempo und marschierte zügig weiter bergauf, um vor der Ankunft des Gewitters irgendeine Schutzhütte auf der Werbutzalm zu erreichen. Völlig verschwitzt kam ich schließlich dort an. Die Werbutzalm besteht aus mehreren Privathäusern, und es gibt keine öffentliche Almhütte für Wanderer. Die Leute fahren hier mit dem Auto hoch; Wanderer scheint es hier keine zu geben. Entsprechend entgeisterte Blicke erntete ich, als ich zwei Anwohner nach einer Schutzhütte fragte. Sie meinten, einen Mountainbiker hätten sie hier bisher noch nicht gesehen. Das Gewitter würde nach Osten abziehen und ich müsste mir keine Sorge machen. Ich solle es mal bei der Feistritzer Alm versuchen. Nach weiteren 2 km Anstieg erreichte ich diese ziemlich Erschöpft. Die öffentliche Hütte wurde jedoch gerade renoviert, die umliegenden Gebäude waren privat.

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Das Gewitter verzog sich tatsächlich nach Osten, also setzte ich meine Reise fort. Ein Karrenweg ging erst einmal am Hang entlang bergab, dann wieder bergauf. Die Steigung konnte ich jedoch recht schnell hinter mich bringen und ich erreichte bald den Schönwipfel, auch Achomitzer Berg genannt. Im fernen Osten sah ich die Julischen Alpen in schwarze Wolken gehüllt. Gerade als ich oben an der Achomitzer Alm ankam, brach die Sonne hervor. Die letzten Gewitterwolken hatten sich nach Osten verzogen, ohne dass ich auch nur einen Regentropfen abbekommen hätte.

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Ich legte eine Pause ein, trocknete meine schweißnasse Kleidung und wechselte meine hinteren Bremsbeläge, die schon seit Herbst mein Bike zum Stehen brachten. Mein Bike-Shirt trocknete schnell in der warmen Sonne. Bald machte ich mich auf den Weg, um ins Tal abzufahren. Zuerst ging es über einen langen Ziehweg am Hang entlang. Normalerweise wäre der Weg super zu fahren, war jedoch so von Kühen zerstampft, dass ich oft absteigen und ein Stück schieben musste. Dann ging der Weg in einen fantastischen Trail über. Genau an dieser Stelle am Cima Muil kam ich an einer kleinen Lichtung vorbei, die sich perfekt für ein Nachtlager eignen würde. Hier war weit und breit kein Mensch, der Untergrund war mit weichem Gras bewachsen, der Platz war windgeschützt und bot trotzdem etwas Aussicht. Das Problem war, dass ich kein Wasser mehr hatte. Ohne etwas zu Trinken wäre es nicht vernünftig, hier oben zu bleiben. Also fuhr ich schweren Herzens weiter und nahm mir fest vor, zukünftig mehr Wasser im Rucksack zu bunkern. Die Trailabfahrt nach Camporosso war allerdings erstklassig. Der Trail verlief in engen Kehren den Hang hinunter und war insgesamt sehr leicht zu fahren. Weiter unten ging er dann in eine sehr steile Forststraße über. Hier war ich froh, frische Bremsbeläge zu haben. Am Ortseingang von Camporosso legte ich gleich eine Vollbremsung hin, denn ich hatte einen Brunnen gesehen. Nachdem ich mich selbst und meine Wasserschläuche abgefüllt hatte, konnte es weiter gehen.

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Stillgelegte Bahnlinien eignen sich verzüglich als Fahrradweg. Diese Erkenntnis hatten auch die italienischen Verkehrsplaner. Es wurde kurzerhand das Gleisbett asphaltiert und nun können die Radler auf gerader Strecke mit wenig Steigung und Gefälle von Camporosso über Tarvisio bis nach Slowenien fahren. Klar, dass ich unter diesen Umständen eine große Strecke mit recht wenig Kraftaufwand in kurzer Zeit zurücklegen konnte. Ich kam weiter als erwartet und bei Einbruch der Dämmerung fand ich nahe bei der slowenischen Grenze in einem kleinen Wäldchen etwa 200 m von der Bahntrasse entfernt einen geeigneten Schlafplatz. Schnell war das Tarp aufgestellt und mit selbst geschnitzten Heringen abgespannt. Ich musste feststellen, dass es hier ungewöhnlich viele Stechmücken gab. Es blieb nur die Hoffnung, dass auch diese Mistviecher nachts ihren Schlaf brauchen. Zum Abendessen gab es Müsliriegel und Wasser, bevor ich mich in meinen Schlafsack hüllte und bis auf ein kleines Atemloch alles mückensicher zuschnürte.

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