Im Schnee über den Rißsattel

Ein Freund hatte die spontane Idee, die Mountainbike-Saison 2016 mit einer technisch anspruchsvollen Tour beim Walchensee einzuläuten. Da ich am Wochenende Zeit hatte, musste ich nicht lange überlegen und war dabei. Die ursprünglich geplante Route führt von der Jachenau über den Rißsattel ins Rißtal, von dort wieder hinauf zum Galgenwurmköpfl und durch den Fuchsgraben hinunter zum Walchensee und zurück zur Jachenau.

Man merkt schon an meiner Formulierung, dass es nicht ganz so lief wie geplant. Das Wetter war perfekt, schon in der Jachenau hatte sich der Hochnebel aufgelöst und wir fuhren bei strahlendem Sonnenschein los. Hier unten waren die Wiesen noch unter einer geschlossenen 10 cm Schneedecke versteckt. Das konnte uns nicht weiter abschrecken und wir fuhren die Forststraße hinauf in Richtung Luitpolderalm. Ab etwa 900 m Höhe wurde der Schnee auf der Forststraße jedoch so tief, dass an Fahren nicht mehr zu denken war, also schoben wir weiter. Umkehren war zu diesem Zeitpunkt noch keine Option!

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Mit jedem Höhenmeter wurde der Schnee tiefer und wir mussten die Bikes streckenweise sogar tragen. Die Mühen wurden jedoch belohnt mit einer wunderschönen sonnigen Winterlandschaft, in der natürlich außer uns keine Biker unterwegs waren. Nur ein einsamer Skitourengeher kam uns entgegen und wünschte uns auf dem weiteren Weg viel Glück. Als wir auf etwa 1100 m Höhe den Wald verließen und sich die Almen eröffneten, war der Schnee bereits etwa 30-50 cm tief. Teilweise kamen wir ganz gut voran, wenn die Schneedecke komprimiert war, aber oft sanken wir fast bis zu den Knien ein und mussten uns gehörig anstrengen, um bis zur Luitpolderalm durchzukommen.

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Dort gönnten wir uns bei herrlicher Sonne eine ausgedehnte Pause mit Brotzeit. Wir waren fest entschlossen, uns auf jeden Fall noch bis zum Rißsattel durchzukämpfen, um zu sehen, ob man wenigstens an der Südseite des Berges ins Tal abfahren konnte. Dieses Ziel erreichten wir nach einem weiteren mühsamen Marsch durch den immer tiefer werdenden Schnee, die Bikes lagen dabei durchgehend auf unseren Schultern. Unterwegs sind uns noch zwei Wanderer begegnet, die uns zunächst für verrückt erklärten, dann aber unsere Hoffnung bestätigten, dass der Südhang tatsächlich völlig schneefrei wäre. „Aber mountainbiken kann man dort nicht!“ Wir würden sehen…

Auf 1220 Metern hatten wir endlich den höchsten Punkt erreicht und der Wald gab den Blick auf das weite schneebedeckte Rißtal frei! Kaum waren wir über den Sattel, war der Schnee verschwunden und ein trockener steiniger Singletrail lag vor uns. Die Zweifel der Wanderer waren nicht ganz unberechtigt, denn man kann den Trail als eng, steil, ausgesetzt und voller enger Spitzkehren charakterisieren. Nichts für den Durchschnittsbiker! Dennoch konnten wir einen großen Teil des Weges fahren und an den Spitzkehren das Umsetzen des Hinterrades üben. Das gelang mir nicht immer gut, hier muss ich auf jeden Fall noch an meiner Fahrtechnik feilen.

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Ich hatte trotzdem eine Menge Spaß bei der Abfahrt, daran konnte weder die Tatsache etwas ändern, dass ich ab und zu bei einer Kehre absteigen musste, noch dass uns ein entgegenkommender Förster darüber belehrte, wie sehr er das Radfahren auf solchen Wegen missbilligte. Einerseits kann ich seine Bedenken theoretisch verstehen, andererseits wird dieser Weg im Jahr vielleicht von 10 Bikern befahren (die ganz sicher nicht mit hoher Geschwindigkeit runterbrettern, denn bei diesem Weg ist langsames technisches Fahren zwingend erforderlich), während er von tausenden Wanderern wesentlich mehr in Mitleidenschaft gezogen wird.

Unten angekommen erwartete uns die glasklare Isar, an der wir nun westwärts bis Wallgau auf der Straße rollten. Wir waren nämlich zur Erkenntnis gekommen, dass der äußerst steile und anspruchsvolle Fuchsgraben im schattigen Nordhang bei den Schneeverhältnissen keinesfalls fahrbar gewesen wäre. In Wallgau hatten wir vom Verkehr genug und wollten die Landstraße zum Walchensee vermeiden. Deshalb folgten wir dem Rat eines Einheimischen (möge er in der Hölle rösten!) und bogen links auf eine Forststraße ab, auf der wir bald wieder im tiefen Schnee landeten und fluchend die Räder den Berg hinauf schoben, während wir auf dem Radweg entlang der Seestraße bequem bis zum Walchensee hätten rollen können.

Ganz vergeblich war der Umweg jedoch nicht, denn wir erreichten nach einiger Zeit einen Trail, der sich (glücklicherweise schneefrei) an einem Wasserfall vorbei bis hinunter zum Schwarzbach schlängelte. Danach allerdings mussten wir uns noch 3 km weit schiebend über einen schneebedeckten und zugewachsenen Weg kämpfen, bevor wir endlich den Walchensee erreichten. Der Rest der Tour verlief unspektakulär und durchgehend im Sattel, am Südufer des Sees entlang und dann über eine weitere kleine Anhöhe hinunter zur Jachenau.

Wir wuschen unsere Bikes im Bach und waren uns beim Abschlussbier einig: Wieder einmal eine total verrückte Tour, aber absolut genial und lohnenswert! Mit einer Strecke von 42 km und ca. 1030 Hm Anstieg eigentlich keine große Nummer, aber das stundenlange Tragen und Schieben durch den tiefen Schnee kostete eine Menge Kraft und sorgte dafür, dass wir einen anstregenden Trainingstag absolvieren konnten.

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3 Antworten

  1. mauntnmad sagt:

    Schöne Aktion, gefällt mir – Respekt !

  2. Martin sagt:

    Cooler Bericht, da wird man neidisch !
    Ich liebe auch diese Einsamkeit, die man bei solch „verrückten“ Touren erfährt.
    Verrückt sind sie aus meiner Sicht eher nicht. Verrückt sind eher die Menschen, die bei solch genialem Wetter in der Stadt hocken oder vor PC-Konsolen ihre Zeit verschwenden…
    Respekt auch für die Tiefschneeaktion !!!
    Ciaou und Ahoi
    der Martin

  3. Joachim sagt:

    Bei uns sagt man: Du bist bekloppt…. aber auf eine erfrischende Art und Weise!

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