Alpencross 2014 Tag 2

Etappe 2: Kemptner Hütte – Mädelejoch – Holzgau – Sulzltal – Simms-Hütte
Länge: 15 km
Steigung: 1100 Hm


Dass die Nacht kein erholsamer Wohlgenuss war, kann man sich angesichts eines 40-Mann-Lagers und einer geschätzten Schnarcherquote von 10% lebhaft vorstellen. Wenn dann noch einer der rachenkranken Schlafinvaliden direkt neben einem liegt, macht die Sache besonders viel Spaß. Dementsprechend war ich morgens als Erster auf den Beinen, würgte ein enttäuschendes Müslifrühstück herunter (auf das restliche Angebot verzichtete ich freiwillig), und war der erste auf dem Trail. Ich frage mich dann immer, warum es so viele Wanderer gibt, die sich diesen Horror freiwillig antun.

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Starker Nebel begrenzte meine Sicht auf etwa 100 Meter, während ich die kurze Steigung zum Mädelejoch auf knapp 2000 m Höhe hinter mich brachte. Bei dem Wetter war es wirklich egal, über welchen Gipfel mit welcher theoretischen Aussicht man gehen würde.

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Beim Abstieg nach Holzgau setzte wieder starker Regen ein. Immerhin schützte mich die so genannte „Regenjacke“ zumindest vor dem Wind und damit vor dem Auskühlen. Ab und zu konnte man zwischen den Wolken einen der Berge sehen, über die meine ursprünglich geplante Route geführt hätte. Immerhin fühlte sich der schwarze Alpensalamander bei dem Wetter sichtlich wohl, denn ich bekam ihn mehrmals zu Gesicht. Alpensalamander stehen übrigens aufgrund ihrer Seltenheit unter besonderem Artenschutz.

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Kurz vor 9 Uhr erreichte ich nach einem flotten Marsch Holzgau. Zum ersten Mal rissen die dunklen Wolken auf und zeigten ein paar blaue Flecken. Die einen oder anderen Sonnenstrahlen verirrten sich ins Tal und ich nutzte die Gelegenheit für eine halbstündige Pause, in der ich mein Hemd und die Jacke in der Sonne halbwegs trocknen konnte. Danach folgte ich einem Weg entlang der Lech bis zur nächsten Brücke, und bog dann ins Sulzlbachtal ein. An der Lechtalklause führt eine breite Forststraße weiter nach oben und durch ein paar Felsentunnels. Ich hatte mich jedoch entschieden, hier dem Sulzlbach weiter zu folgen und den Tobelweg auszuprobieren. Es handelt es sich hier um einen Steig, der seit etlichen Jahren nicht mehr gepflegt wird und entsprechend verfallen ist. Tatsächlich war von einem Weg nichts zu sehen, als es über Felsen am Bach entlang bergauf ging.

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Schon bald konnte man eine unscheinbare Spur erkennen, die sich rechts am Steilhang entlang nach oben zog. Auch diese Spur verschwand inzwischen, da diverse Geröllawinen und Hangrutsche den Pfad vernichtet hatten. Ich nutzte mein GPS-Gerät für die grobe Orientierung, da der Weg auf älteren Karten noch eingezeichnet gewesen war. Über steile Geröllfelder tastete ich mich am Hang entlang nach oben. Nun musste ich über Felsen klettern und brauchte dafür meine beiden Hände. Die Sache machte mir viel Spaß, auch wenn mir noch unklar war, wie ich denn aus diesem Talkessel, der von steilen Felswänden umgeben war, wieder herauskommen sollte. Als ich mich auf knapp 1300 m hochgearbeitet hatte, entdeckte ich im Grün der gegenüberliegenden Talseite eine schwache Spur, die in den Baumbewuchs des Hanges hineinführte. Dies könnte die Fortsetzung meiner Route sein! So war es dann glücklicherweise auch. Ein zugewachsener, steiler und teils ausgesetzter Pfad zog sich durch einen dichten Nadelwald den Steilhang hoch. Dieser mündete nach einer anstrengenden halben Stunde auf den offiziellen Fahrweg. Ich war völlig durchgeschwitzt und machte erst einmal eine kurze Pause mit Blick auf die Wetterspitze.

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Nach einem gemütlichen Fußmarsch kam ich an der Sulzlalm vorbei. Bis hierhin führt der bequeme Fahrweg und entsprechend gut besucht war diese Alm. Hier gönnte ich meinem Gaumen den hausgemachten Apfelstrudel, dessen Füllung zwar nicht besonders appetitlich aussah (und eher an das erinnerte, was die Kühe hier oben massenweise absonderten), aber trotzdem sehr gut schmeckte. Anschließend zog sich ein Karrenweg zunehmend steil nach oben und schon bald ließ ich die Menschen hinter mir.

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Die letzten 150 Höhenmeter läuft man über einen steilen Pfad in 25 engen Kehren hoch bis zur Frederic-Simms-Hütte, die direkt unterhalb der Wetterspitze in den Hang hinein gebaut wurde. Nicht umsonst wird die letzte Kehre als „Gott-sei-Dank-Kurve“ bezeichnet. Die Hütte liegt auf etwa 2000 m Höhe und hat ein Matratzenlager für 50 Personen.

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Da es bereits wieder zu regnen begonnen hatte, bezog ich als einziger offizieller Gast das Lager. Diesmal würden mich keine Schnarcher terrorisieren! Einige Leute waren dennoch anwesend, weil diese sich zusammen mit dem Hüttenwirt zu einem kleinen Familienfest verabredet hatten. Sie schliefen jedoch in eigenen Zimmern und ich kam trotzdem in den Genuss einer netten Gesellschaft zum Abendessen.

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In der Hütte lag ein Ordner aus, in dem die Bergtouren in der näheren Umgebung beschrieben waren. Darin fand ich sogar eine Erwähnung des Tobelweges, den ich am Vormittag erkundet hatte. Die Beschreibung „Nur für Geübte“ sollte man in den Alpen jedenfalls wörtlich nehmen.
Heute Abend fand das Endspiel der Fußball-WM 2014 statt – Deutschland gegen Argentinien. Ich hatte nicht damit gerechnet, das Spiel sehen zu können. Doch jemand hatte ein Notebook mitgebracht und so konnten wir das spannende Spiel im Live-Stream über das Internet schauen. 1:0 für Deutschland in der zweiten Halbzeit der Verlängerung durch ein Tor von Mario Götze! Nach Mitternacht fiel ich ins Bett (oder vielmehr auf die Matratze) und schlief den Schlaf der Gerechten.

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