Alpencross 2010 Tag 3

Etappe 3: Hochsölden – Ötztaler Gletscher – Vent – Martin-Busch-Hütte
Länge: 27 km
Steigung: 1540 Hm


Schon am Abend waren mir die dunklen Wolken aufgefallen, die von Westen her über die Berge gezogen sind. Nachts hatte es dann kurz genieselt, doch für meinen Biwaksack war dies kein Problem. Die restliche Nacht war dann sternenklar, aber ziemlich kalt. Bei Temperaturen unter 10 °C musste ich zusätzlich meine langen Radklamotten anlegen. Nur so waren die niedrigen Temperaturen gut auszuhalten. Ich stellte fest, dass ich in meinem ultraleichten Sommerschlafsack besonders an den Beinen zuerst auskühle. Merke für die nächste Transalp: Eine etwas wärmere lange Radhose einpacken!

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Wieder bin ich vor Aufgang der Sonne aufgewacht. Es war immer noch saukalt, als ich gegen 5:30 Uhr in Richtung Rotkogeljochhütte aufbrach. Ich hatte sämtliche Klamotten an, die ich dabei hatte. Auf meinem Weg nach oben konnte ich dann beobachten, wie die ersten Sonnenstrahlen langsam zwischen den Gipfeln der Stubaier Alpen hervorkrochen. Ein beeindruckendes Erlebnis! Der Weg führt hier in steilen Serpentinen über Skihänge entlang stillgelegter Liftanlagen und Schneekanonen nach oben. So schön die Söldener Bergwelt auch ist, so sehr wurde sie vom Skitourismus versaut. Nach und nach habe ich mich beim Aufstieg meiner Kleidungsschichten entledigt. Nach etwa eineinhalb Stunden erreichte ich die Hütte auf 2666 m. Natürlich war hier noch alles geschlossen. In der Ferne konnte ich bereits deutlich den Rettenbachferner erkennen – mein nächstes Ziel!

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Der Vorteil dieses kleinen Umweges über die Rotkogelhütte ist, dass man von hier aus abseits der Ötztaler Gletscherstraße über eine Schotterweg bis fast ganz hinter ins Rettenbachtal abrollen kann. So muss man am Ende nur noch etwa 1 km auf der normalerweise gut befahrenen Gletscherstraße zurücklegen. Jetzt jedoch, gegen 8 Uhr morgens, war auf der Straße sowieso fast nichts los. Auf dem ganzen Weg hatte ich die beeindruckende Ötztaler Gletscherwelt im Blickfeld. Oben angekommen, biegt man links in Richtung Tiefenbachferner ab. Noch einmal genoss ich den Anblick der Eiswand des Rettenbachferners aus nächster Nähe, bevor ich der Straße folgte, die in einem halbrunden schwarzen Loch im Fels verschwand. Nun stand ich vor dem Rosi-Mittermeier-Tunnel, Europas höchstgelegenem Straßentunnel.

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Glücklicherweise hatte ich meine Mini-Taschenlampe mit Lenkerhalterung und ein LED-Rücklicht dabei, doch selbst dann beschlich mich bei der Durchquerung dieses Tunnels ein beklemmendes Gefühl. Nicht auszudenken, wie unangenehm die Durchfahrt während der Stoßzeiten sein würde, wenn auf der schwach beleuchteten schmalen Straße Autos, Motorräder und LKWs an einem vorbeirasen. Um 8 Uhr jedoch war hier so gut wie nichts los. Der Gletschertunnel hat eine Länge von etwa 2 km und steigt um die 200 Höhenmeter an. Im kleinen Gang kroch ich also bei Eiseskälte durch die Dunkelheit, das Licht am Ende des Tunnels ständig im Auge.
Auf der anderen Seite überquert man einen riesigen Parkplatz. Hier hält auch der Bus, der – wie ich später erfuhr – einmal in der Stunde Wanderer ausspuckt, die von der Braunschweiger Hütte kommend ihre letzten Etappen auf dem E5 Fernwanderweg nach Meran zurücklegen wollen. Vom Parkplatz aus folgt man einer Schotterstraße ein Stückchen bergauf, bis ein kleiner Pfad links abzweigt: Der Venter Höhenweg!

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Der Panorama-Höhenweg nach Vent ist mit Sicherheit einer der schönsten Panoramawege Tirols. Für Mountainbiker ist er jedoch zum Fahren nur bedingt interessant. Es handelt sich um einen schwierigen S2 bis S3 Trail, der sich über felsiges, teilweises ausgesetztes Gelände auf über 2000 m Höhe am Hang entlangschlängelt. Wegen der schwierigen Wegverhältnisse und der wiederkehrenden Anstiege ist der Trail selbst für den geübten Freerider nur zu etwa 50% fahrbar. Diese 50% bieten jedoch Technik-Fahrspaß pur! Hier kann man sein Fully voll ausreizen.

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Auf dem Trail gibt es nicht nur immer wieder kurze Tragestrecken, sondern auch verblockte Passagen, an welchen man sein fahrerisches Können testen kann. Unterwegs habe ich des öfteren Fernwanderer getroffen und kurz mit ihnen geplaudert. Sie alle hatten Vent und die Martin-Busch-Hütte zum Ziel, ebenso wie ich.

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Während man dem besagten Pfad am Hang entlang folgt, hat man eine beeindruckende Aussicht auf die umgebende Bergwelt. Direkt gegenüber die schroffe Bergkette mit dem Gampleskogel als höchsten Punkt, weit unter mir das Venter Tal. Immer wieder wurde mein Pfad von glasklaren Gletscherbächen unterbrochen, an welchen ich meine Trinkblase auffüllen konnte. Im späteren Verlauf führt der Trail an einem grasbewachsenen Steilhang entlang. Auch wenn Fahren hier theoretisch möglich wäre, würde man einen Fahrfehler sofort mit dem Leben bezahlen. Der vernünftige Biker wird also eher schieben.

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Der hervorragende Schweinshaxen im Cafe Tyrol in Vent hat mir den nötigen Energieschub verpasst, um den Anstieg zur Martin-Busch-Hütte in Angriff nehmen zu können. Ich gönnte mir noch eine kurze Mittagspause auf einer saftigen Wiese, bevor ich den 8 km langen Weg durchs Niedertal anging. Dieser steigt permanent leicht an und ist bis zur Hütte sehr gut fahrbar. Lediglich die letzten 500 Meter sind etwas steiler. Zurückblickend war ich ziemlich überrascht, dass ich an dem Tag nur 28 km geschafft hatte. Aber auf dieser Tagesetappe sind auch mit Abstand die meisten Fotos und Filme entstanden, was ziemlich viel Zeit gekostet hat.

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Übernachtet habe ich auf der Martin-Busch-Hütte. Diesen Entschluss hatte ich unterwegs spontan gefasst, und Platz war noch genug im Matratzenlager. Insgesamt kann ich mich für Hüttenübernachtungen dieser Art jedoch wenig begeistern. Besonders die Martin-Busch-Hütte ist eher ein Massenbetrieb. Ich schätze es waren etwa 80 Übernachtungsgäste dort. Nach einem dreiminütigen Aufenthalt unter der Münzdusche war ich wieder frisch und gönnte mir einen Teller zerkochte Spaghetti zum Abendessen. Die Verpflegung auf der Hütte ist extrem minderwertig, die Bewirtung war (bedingt durch die Menge an Gästen) überhaupt nicht familiär oder persönlich, und ein paar Hardcore-Schnarcher rauben dem ganzen Rest der Bergsteigerfraktion gnadenlos den Schlaf.

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