Reparaturen unterwegs: Schlauch und Reifen

Der Platte ist der Klassiker aller Pannen, der schon jedem Radfahrer wiederfahren ist. Eigentlich ist es selbstverständlich, dass man in der Lage sein muss, einen Plattfuß zu reparieren. Ich empfehle, immer einen Ersatzschlauch mitzuführen. Dadurch kann man die Panne innerhalb kurzer Zeit durch einen Schlauchwechsel beheben und weiterfahren, und sich um das Flicken des defekten Schlauches in aller Ruhe später kümmern. Man kann das Risiko eines Platten stark verringern, wenn man hochwertige, robuste und neuwertige Reifen verwendet.

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Dieser Reifen ist schon ziemlich abgenutzt.

Der richtige Reifen

Reifenhersteller machen in der Regel Angaben zur Pannensicherheit. Ich würde für den Alpencross keinen leichten Racing-Reifen empfehlen, sondern lieber die schwerere Variante mit gutem Pannenschutz verwenden. Der Reifen sollte dabei nicht nur widerstandsfähig gegen Durchstich sein, sondern auch einen robusten Seitenwandschutz besitzen. Besonders hervorheben möchte ich die Hersteller Continental, Schwalbe und Maxxis, die ein breites Sortiment an hochwertigen Reifen anbieten und entsprechende Modelle im Programm haben.

Es gibt auch einen Unterschied zwischen Drahtreifen und Faltreifen. Eine Verstärkung im Reifenwulst verhindert, dass der Reifen unter Druck von der Felge abspringt. Die Verstärkung ist im Normalfall ein Draht. Bei Faltreifen werden stattdessen Kevlarfäden verwendet. Sie erfüllen den gleichen Zweck, jedoch lässt sich der Reifen dann zusammenfalten und ist mindestens 50 g leichter.

Tubeless oder mit Schlauch?

Immer häufiger fahren Mountainbiker, vor allem im Profi- und Rennbereich, schlauchlos bzw. „tubeless“. Damit man schlauchlos fahren kann, benötigt man erst einmal eine geeignete Felge und Reifen. Tubless-Felgen sind so konstruiert, dass der Reifen so fest in der Nut der Felgenflanke einrastet, dass dort bei entsprechendem Reifendruck keine Luft mehr entweichen kann. Auch sollten die Löcher für die Speichennippel nicht durch die Felge hindurchgehen, bzw. zumindest durch ein Felgenband abgedichtet werden.Das Ventil wird von innen auf die Ventilöffnung geschraubt. Man benötigt außerdem Dichtmilch (Latexemulsion). Das ist eine Flüssigkeit, die in den Reifen gegeben wird und im Falle eines Loches im Reifen dieses automatisch abdichtet. Für Pannen unterwegs sollte man natürlich trotzdem einen Schlauch dabeihaben.

Schlauchlos zu fahren hat ein paar Vorteile. Zunächst ist das Gewicht des Laufrades ca. 200 g geringer. Das ist nicht viel, macht sich aber durch die Rotation und dabei auftretende Zentrifugalkraft mehr bemerkbar. (Ich merke den Unterschied jedoch nicht.) Man kann mit geringerem Luftdruck fahren, weil bei einem Snake Bite kein Schlauch mehr zerschnitten werden kann. Dadurch verbessert sich die Traktion und die Kontrolle in schwierigem Gelände. Dichtmilch hat ihre Vorteile auch dort, wo häufige Durchstiche kaum zu vermeiden sind, wie z.B. in einem Gebiet mit viel Kakteenwuchs. (Dort würde man ohne Dichtmilch aus dem Schlauchflicken gar nicht mehr herauskommen.)

Nachteile des Tubeless-Systems sind, dass die Handhabung der Dichtmilch kompliziert ist. Die Milch verliert auch nach einiger Zeit ihre Dichtwirkung und muss mindestens einmal im Jahr ausgetauscht werden. Es ist schwer, beim Aufpumpen den nötigen Anfangsdruck herzustellen, der den Reifen in die Felgenflanke drückt und das System abdichtet. Mit einer kleinen Trailpumpe ist es fast unmöglich, das ordentlich hinzubekommen. Größere Löcher im Mantel kann die Dichtmilch nicht verschließen. Beim Einziehen eines Schlauches gibt es eine Sauerei mit der Dichtmilch. Wenn es (aufgrund des niedrigen Reifendruckes) zu einem Durchschlag kommt, kann außerdem leicht die Felge beschädigt werden.

Meiner Ansicht nach ist das Tubeless-System für Downhill-Rennen und kurze Enduro-Trailtouren gut geeignet. Bei Mehrtagestouren würde ich jedoch den klassischen Schlauch vorziehen. Ich halte normale Reifen mit Schlauch für technisch leichter beherrschbar, ganz besonders auf mehrtägigen Touren. Ich fahre daher prinzipiell nicht tubeless.

Einen Plattfuß flicken

Benötigtes Werkzeug für das Flicken vom Platten: Reifenheber (stumpfes Kunststoffwerkzeug), Flickzeug (Schmirgelpapier, Vulkanisierlösung, Flicken), Pumpe.

Das Rad kann dank Schnellspannern einfach und ohne Werkzeug ausgebaut werden. Bei ausgebautem Rad dürfen die Bremsen (bei Scheibenbremsen) nicht angezogen werden, weil sonst die Bremskolben zusammengepresst werden und nur noch schwer mit viel Fingerspitzengefühl wieder zurück in die Fassung gedrückt werden können. Es kann auch passieren, dass die Bremse dabei beschädigt wird. Deshalb vorsichtshalber ein flaches Stück Holz oder Plastik zwischen die Bremsbeläge klemmen. Zunächst werden die Reifenflanken von beiden Seiten in Richtung Felgenmitte gedrückt, damit der Mantel nicht so sehr unter Spannung ist und sich leichter entfernen lässt. Mit dem Reifenheber den Mantel von der Felge hebeln, sodass er nur noch mit einer Seite in der Felge hängt. Dann kann der Schlauch vom Ventil ausgehend entfernt und ausgetauscht werden. Wichtig ist, den Mantel (z.B. durch Befühlen der Innenseite) gründlich zu untersuchen. Es kommt nämlich oft vor, dass noch ein Dorn, Nagel oder eine winzige Scherbe im Mantel steckt und den neuen Schlauch gleich wieder durchbohren würde. Falls vorhanden, muss das spitze Objekt entfernt werden, bevor man den neuen oder geflickten Schlauch einlegt.

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Bei dem defekten Schlauch muss zunächst das Loch gefunden werden. Am einfachsten ist es, wenn man den Schlauch prall aufpumpt, ins Wasser taucht und schaut, wo Luftblasen aufsteigen. Ist keine geeignete Wasserquelle in der Nähe, kann man auch versuchen, das Loch zu sehen oder den Luftzug zu spüren (je fester aufgepumpt, desto mehr dehnt sich das Loch und desto besser kann es gefunden werden). Sollte das Ventil defekt sein, muss der Schlauch komplett ausgetauscht werden. Ansonsten wird die Stelle mit dem Loch am Schlauch markiert und dann die Luft aus dem Schlauch gelassen. Der Schlauch wird nun am Loch mit einem Stück Schmirgelpapier (das Bestandteil jedes Flickzeuges sein sollte) in der Größe des Flickens aufgerauht. Dann kommt die Vulkanisierlösung drauf und man lässt sie kurz antrocknen, bis der feuchte Glanz verschwindet. Darauf kommt dann der Flicken, der z.B. mit der Hand fest angepresst werden muss. Die Vulkanisierlösung ist übrigens kein Kleber, sondern sie verbindet den Schlauch mit dem Flicken, indem sie den Gummi anlöst. Nach spätestens 10 Minuten ist der Vulkanisierprozess abeschlossen. Dann lässt sich auch die durchsichtige Folie vom Flicken abziehen, ohne dass sich der Flicken dabei löst.

Der Schlauch wird geringfügig aufgepumpt, bevor man ihn wieder zwischen Mantel und Felge einzieht. Dabei sollte man zuerst das Ventil durch das Ventilloch der Felge stecken. Dann drückt man mit der Hand die freie Reifenflanke wieder auf die Felge, ohne aber dabei den Schlauch zwischen Mantel und Felge einzuklemmen. Beim Einbau des Rades darauf achten, dass die Bremsscheibe wieder vorsichtig zwischen die beiden Bremsbeläge eingefädelt wird.

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Anschließend kann der Reifen voll aufgepumpt werden. Wie oben erwähnt, hat ein niedriger Luftdruck Vorteile im schweren Gelände, da sich der Reifen besser mit dem Untergrund verbindet bzw. verzahnt und man damit eine bessere Kontrolle beim Fahren hat, vor allem bei Nässe, Schlamm, auf rutschigem Fels oder lockerem Untergrund. Man darf aber auch nicht vergessen: je niedriger der Luftdruck, desto höher ist das Pannenrisiko und der Verschleiß bzw. die Alterung des Reifens. Ich würde daher empfehlen, auf einem Alpencross mit anspruchsvollen Trails mit ca. 2,5 – 3,0 bar zu fahren. Bei einem ungefederten Rad ist ein niedriger Luftdruck (ca. 2,0 – 2,5 bar) auch wegen des Fahrkomforts zu bevorzugen.

Besonders bei den Mini-Pumpen gibt es große Qualitätsunterschiede. Deshalb solltest du eine hochwertige Pumpe kaufen und diese vorher testen! Nichts ist schlimmer, als wenn du erst bei einer Panne merkst, dass die Pumpe nichts taugt und du gar nicht den nötigen Druck in den Schlauch bekommst. Teleskoppumpen erleichtern die Arbeit enorm.

Hast du kein Flickzeug oder keinen Ersatzschlauch dabei, musst aber noch eine gewisse Strecke zurücklegen, kannst du zur Not auch am Schlauch die Stelle mit dem Loch abbinden. Eine andere Möglichkeit wäre (z.B. wenn es den Schlauch ganz zerrissen hat), Gras, Laub oder Kleidungsstücke in den Mantel stopfen, sodass dieser möglichst prall gefüllt ist. Damit kann man zwar nicht vernünftig fahren, aber man kann sich immerhin einigermaßen fortbewegen, ohne die Felge zu zerstören.

Beschädigter Reifen

Mit einem neuwertigen und pannensicheren Reifen sollte eine Reifenpanne eigentlich nicht vorkommen. Dennoch ist es gut, wenn man im Notfall weiß, wie man damit umgehen kann. Das Mitführen eines Ersatzreifens halte ich bei einem Alpencross nicht für sinnvoll, weil solch eine Panne nur sehr selten vorkommt und der Reifen im Gepäck doch einigermaßen sperrig und schwer ist. Wenn dennoch der unwahrscheinliche Fall eintritt, kann man bei einem Riss im Mantel die Stelle von innen (zwischen Mantel und Schlauch) großzügig mit einem flachen aber stabilen Material (z.B. einem Stück Kunststoff) hinterlegen und den Mantel mit ein paar Kabelbindern fixieren. Die Kabelbinder werden dabei möglichst zwischen und nicht auf den Stollen verlegt und führen um die Felge herum. Mit dieser Notlösung sollte man zwar keine weiten Strecken mehr zurücklegen, aber man kann sich damit zumindest bis in den nächsten Ort retten sich dort Ersatz besorgen.

Rollwiderstand

Der Rollwiderstand spielt auf mehrtägigen anspruchsvollen Touren auch eine Rolle. Interessant dabei ist, dass der Rollwiderstand von verschiedenen Faktoren abhängig ist, wobei der Luftdruck nur einer davon ist:

  • Luftwiderstand: Ab 20 km/h hat der Luftwiderstand den größten Anteil am Rollwiderstand.
  • Beschleunigungswiderstand: Davon hängt ab, wie viel Energie man zum Beschleunigen bzw. Abbremsen des Rades benötigt. Der Beschleunigungswiderstand hängt ab vom Gewicht des Reifens/Laufrades.
  • Steigungswiderstand: Der Steigungswiderstand ist analog zur Energie, die man beim Bergauf- und Bergabfahren aufwenden bzw. abbremsen muss. Sie ist direkt proportional zur Hangabtriebskraft, die abhängig ist vom Gesamtgewicht des Bikes mit Fahrer.
  • Reibungswiderstand: Der Reibungswiderstand hängt ab vom Luftdruck des Reifens, seiner Gummimischung und vom Untergrund. Interessant ist, dass auf lockerem Untergrund der Rollwiderstand keine große Bedeutung hat. Auf festem Untergrund (z.B. Asphalt) macht er sich jedoch stark bemerkbar.

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2 Antworten

  1. Flori sagt:

    Reifen flicken klingt trivial. Ich hab trotzdem einiges aus deinem Blog gelernt was ich noch nicht wußte. Zb das mit den Bremskolben oder die Idee mit dem abbinden. Ich hab immer nen Ersatz Mantel mitgeschleppt aber das mit den Kabelbindern ist auch ne super Idee. Danke für die Info!

  2. Susanne sagt:

    Hab schon gedacht, nee schreibt der jetzt übers Reifen flicken!! Aber sind ein paar gute Tipps dabei. Danke! Ich hab schon echt Schwierigkeiten gehabt nen Drahtreifen runter zu bekommen. Jetzt weiß ich endlich den Trick.

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